|
|
Vermeindliche und ungeklärte Todesfälle: Bezirk Halle
Hermann Stahl aus Großörner und Walter Krüger aus Leimbach sollen am 4. Juli 1953 standrechtlich von sowjetischen Soldaten in der Region Eisleben hingerichtet worden sein. (1) Trotz umfangreicher Recherchen in den zuständigen Standesämtern, Einwohnermeldeämtern, dem Landeshauptarchiv und dem Kreisarchiv konnten zu beiden Personen keine Hinweise gefunden werden, auch nicht zu anderen vermuteten Erschießungen in der Region Eisleben. Zu Wilhelm Anders aus Siersleben wird an gleicher Stelle (2) erwähnt, dass er standrechtlich erschossen worden sei. Auch zu ihm fanden sich in den Ämtern und Archiven keine Hinweise. Auffällig ist in diesem Zusammenhang die Geschichte von Willi Anders aus Eisleben (geb. am 19.1.1919 in Wiednitz). Sein Name findet sich auf einem Fahndungsblatt der Deutschen Volkspolizei (3), weil er nach den Ereignissen am 17. Juni als "Rädelsführer" gesucht wurde. Er konnte sich zunächst verstecken, wurde aber verraten und erst am 27. Juni verhaftet. Am 8. Juli 1953 wurde er zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt. Vorgeworfen wurde ihm, dass er angeblich nach der Erstürmung des Gefängnisses in Eisleben dem Bewachungspersonal des Straflagers Volkstedt (bei Eisleben) empfohlen hatte, die Gefangenen lieber gleich freiwillig zu entlassen. Es ist denkbar, dass sein zeitweiliges Untertauchen zu dem Schluss führte, auch er sei erschossen worden. Willi Anders starb am 3. Januar 1981 in Eisleben. 1995 wurde er vom Landgericht Halle rehabilitiert.
Max Zwickel (geb. am 15.3.1893), 33 Jahre im Baubetrieb der Leuna-Werke beschäftigt, starb am 18. Juni 1953 in der Betriebspoliklinik Leuna an den Folgen eines Herzinfarktes. Ob der Herzinfarkt mit den Streiks in den Leuna-Werken in Zusammenhang stand, konnte nicht geklärt werden.
Die Roßlauer Staatsanwältin Annemarie Skrzipietz (geb. am 6.3.1920) war für ihr hartes Durchgreifen stadtbekannt und gefürchtet. Sie wurde am 17. Juni 1953 bei dem Sturm auf das Roßlauer Gefängnis von einigen Demonstranten geschlagen und dann zu ihrem Schutz in diesem Gefängnis eingesperrt. Zwei Personen wurden für die Angriffe auf die Staatsanwältin gerichtlich verurteilt. Später wurde das Gerücht verbreitet, Annemarie Skrzipietz hätte sich aus Scham in der Elbe ertränkt. (4) Inzwischen wurde bekannt, dass sie noch im Jahr 1953 als Staatsanwältin nach Halle wechselte und heute in Sachsen-Anhalt lebt.
Werner Röder (geb. am 23.12.1927) war Angehöriger der Kasernierten Volkspolizei. Er nahm sich am 24.6.1953 um 22.30 Uhr in Halle das Leben. Ob sein Selbstmord auf die Ereignisse in Halle zurückzuführen ist oder ob er andere Ursachen hatte, konnte nicht geklärt werden. Zunächst war ein Schuss in den Rücken festgestellt worden. (5)
|
|
|
---
1 |
Vgl. Kowalczuk, 17. Juni 1953, S. 104; Hildebrandt, 17. Juni 1953 – 17. Juni 1993; Priesemuth, Die Toten.
|
2 |
Vgl. Kowalczuk, 17. Juni 1953, S. 104.
|
3 |
Informationsblatt der DVP, Sondernummer 1/53 (Fahndung) in: Wahl/Wagner, Der Bitterfelder Aufstand, S. 114.
|
4 |
Bericht des Bürgermeisters Klemens Koschig, in: Wahl, Die Ereignisse um den 17. Juni 1953 im Bezirk Halle, S. 151-153; "Wir mit Euch" e.V., Recherchen zum 50. Jahrestag des Volksaufstandes am 17. Juni 1953 in Roßlau und Umgebung, 2003.
|
5 |
LHASA, Abt. Merseburg, BdVP Halle, Rep.19, Nr.74, Bl. 168, sowie Nr. 314, Bl. 39.
|
|
|
|