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Vermeindliche und ungeklärte Todesfälle: Bezirk Leipzig
Am 21. Juni 1953 erschien in der West-Berliner Tageszeitung "Telegraf" ein Artikel über den Volksaufstand in Leipzig. Unter der Überschrift "Standrecht in Leipzig" war zu lesen: "Die sowjetische Terrorjustiz wütet auch in Leipzig. Der dortige Militärkommandant hat drei Arbeiter, den 17-jährigen Peter Heider, den 24-jährigen Walter Schädlich und den 25-jährigen Heinz Sonntag, standrechtlich erschießen lassen. Die Schreckensurteile wurden im Anschluss an Demonstrationen gefällt, an denen etwa 60.000 Menschen teilgenommen hatten." (1)
Dieser Artikel ist nach allen bisherigen Recherchen die einzige Quelle, die über den Tod der drei berichtet. Alle späteren Veröffentlichungen bis hin zu den Büchern, die anlässlich des 50. Jahrestages erschienen sind, beziehen sich darauf bzw. wiederholen die Nennung der Namen ohne weitere Quellenangaben. (2) Für die Regionalstudie von Heidi Roth über den 17. Juni in Sachsen und im Vorfeld der Gemeinschaftsausstellung "Ausnahmezustand. Der 17. Juni 1953 in Leipzig" wurden die in Leipziger und Berliner Archiven vorhandenen Akten ausgewertet. Es fand sich keinerlei Hinweis auf die Erschießung der drei genannten Personen. Recherchen in Standesämtern, Einwohnermelderegistern und anderen Unterlagen haben allerdings ergeben, dass ein Heinz Sonntag (geb. 14.12.1927) mindestens bis 1976 in Leipzig gewohnt hat. Die beiden anderen Personen konnten unter dem angegebenen Alter bisher in keinerlei Registern nachgewiesen werden.
Die Annahme, dass auf dem Leipziger Bienitz Aufständische durch sowjetische Soldaten erschossen worden seien, lässt sich bis heute nicht bestätigen. Namen wurden in diesem Zusammenhang allerdings nie genannt. Auch zu diesem Vorfall ließen sich bisher keinerlei Hinweise in den Akten finden. Das Gelände war Schießplatz der sowjetischen Truppen und der Leipziger Staatssicherheit.
In Delitzsch soll außerdem ein Bürgermeister Hartmann ums Leben gekommen sein. (3) Die Nachforschungen ergaben, dass es keinen Bürgermeister namens Hartmann in Delitzsch gab. Auch ein entsprechender Todesfall ist nicht nachweisbar. Es gab allerdings einen Fuhrunternehmer Werner Hartmann (geb. 7.11.1915) in Döbernitz, Kreis Delitzsch, der im Zusammenhang mit dem Volksaufstand verhaftet und als Rädelsführer verurteilt wurde. Unter Umständen war dessen Schicksal Anlass für die Vermutung, dass ein Bürgermeister Hartmann ums Leben kam. Die Namen aller vier Personen stehen seit 1994 auf einem Gedenkstein in der Grab- und Gedenkanlage für die Opfer der stalinistischen Gewaltherrschaft im Urnengarten Nord auf dem Leipziger Südfriedhof. (4)
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1 |
Vgl. Telegraf, 21.6.1953 (Hervorheb. durch d. Vf.).
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2 |
Vgl. u.a. Kowalczuk, 17.6.1953, S. 104; Hildebrandt, 17. Juni 1953 – 17. Juni 1993; Priesemuth, Die Toten; Karl Wilhelm Fricke, Zur Geschichte und historischen Deutung des Aufstandes vom 17. Juni 1953, in: Roth, Der 17. Juni 1953 in Sachsen, S. 62.
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3 |
Eine entsprechende Meldung wurde am 23.6.1953 von AP verbreitet: "Standrechtlich erschossen wurde, wie jetzt bekannt wird, auch der Bürgermeister von Döbernitz im Kreis Delitzsch, H. W. Hartmann, der der SED angehörte. Er hatte einen Volkspolizisten niedergeschlagen, der auf Demonstranten schießen wollte."
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4 |
Schriftliche Aufstellung des Grünflächenamtes Leipzig, Abt. Friedhöfe, sowie mündliche Auskünfte Bürgerkomitee Leipzig e.V.; Kaminsky, Orte des Erinnerns, S. 323/324.
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