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Rudi Schwander
3.8.1938 - 17.6.1953 gest. am frühen Abend im West-Berliner Lazarus-Krankenhaus
Rudi Schwander wird am 3. August 1938 in Berlin geboren. Er lebt im Ostsektor und ist vermutlich Schüler der Klasse 7b an der 25. Schule. (1)
In den Abendstunden des 17. Juni, kurz nach 18.00 Uhr, ist der 14jährige dabei, als in der Rheinsberger Straße Volkspolizisten von einer Menge zunächst aufgefordert werden, ihre Waffen wegzuwerfen und sich zu ergeben, dann mit Steinen beworfen werden, ohne dass allerdings jemand getroffen worden sei.
Ein Augenzeuge berichtet, dass daraufhin Feuerbefehl erteilt worden sei und die Volkspolizisten mit ihren Pistolen blindlings in die Menge geschossen hätten. "Die Demonstranten rannten auseinander und versuchten, in den Westsektor zu gelangen. Ich hatte in einem Hausflur Deckung gesucht. Von dort aus sah ich einen Jungen auf der Straße liegen, der offenbar getroffen worden war. Er blutete heftig am Kopf, und ich versuchte nun, ihn in den Westsektor zu bringen. Ich rief den Volkspolizisten zu, sie sollten das Feuer einstellen, weil ich den Verletzten bergen wollte, doch diese schossen weiter. Es gelang mir trotzdem, den Jungen bis zur Schönholzer Straße zu bringen und dort an den Rinnstein zu legen. Der Schuss musste in den Hinterkopf gegangen und an der Stirn wieder herausgetreten sein. Um den Blutverlust einzudämmen, drückte ich eine zeitlang meine Hand auf die Stirnwunde. (…) Auf unsere Rufe kam ein Omnibus des Zollgrenzdienstes, der in der Nähe stand, herbei gefahren und wir hoben den Jungen in den Wagen hinein. (…) Der kopfverletzte Junge bewegte sich auf der Fahrt zum Lazarus-Krankenhaus zwar noch, er kam aber überhaupt nicht mehr zu sich. Im Lazarus-Krankenhaus bemühte sich sofort ein Arzt um ihn. Dieser Arzt sagte gleich, dass hier nichts mehr zu machen sei." (2)
Die West-Berliner Tageszeitung "Der Kurier" berichtet am 18. Juni von schweren Zwischenfällen an der Grenze zwischen sowjetischem und französischem Sektor. In der Chausseestraße hätten Demonstranten eine Polizeiwache gestürmt. Die Vopo habe von der Schusswaffe Gebrauch gemacht. Der sechzehnjährige Werner Sendsitzky aus dem Westsektor und der vierzehnjährige Rudi Schwander aus dem Ostsektor seien getötet worden. (3)
Rudi Schwander wird nach der Trauerfeier des West-Berliner Senats auf dem Rudolph-Wilde-Platz vor dem Rathaus Schöneberg am 23. Juni 1953 auf dem Friedhof Seestraße beigesetzt.
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1 |
Vgl. Schreiben der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung/Kreisvorstand Berlin-Mitte an den Bezirksvorstand Berlin, 24.6.1953, in: LAB, C Rep 910, Nr. 7719. |
2 |
Der Polizeipräsident in Berlin/M I/1, Befragung des Arbeiters Rudi R., 20.6.1953, in: PHS/Polpräs. Berlin, Bestand 17.6.1953. |
3 |
Der Kurier, 18.6.1953. |
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