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Werner Sendsitzky
17.6.1937 - 17.6.1953
gest. am frühen Abend im West-Berliner Lazarus-Krankenhaus
Werner Sendsitzky wird am 17. Juni 1937 in Berlin geboren und stirbt daselbst an seinem 16. Geburtstag. Er lebte im Westsektor und war in der West-Berliner Motorradvermietung E. Brust, in der ein Augenzeuge seines Todes 1952 als Mechaniker gearbeitet hat, als Laufbursche beschäftigt.
In seiner Aussage vor der West-Berliner Kriminalpolizei berichtet der nun arbeitslose Augenzeuge Horst Sch., dass der Junge auf dem Dach eines Behelfsheimes in der Liesenstraße (im Westsektor, zwischen Chausseestraße und Neuer Hochstraße) durch den Zufallstreffer eines Volkspolizisten aus ca. 150 bis 200 Meter Entfernung ins Herz getroffen worden sei. (1) Nach Auskunft seines Bruders Walter hat er gegen 16.00 Uhr das Haus verlassen, um für seinen Geburtstag einzukaufen. Gegen 20.00 Uhr sei bei den Eltern Horst Sch. erschienen, der berichtete, Werner sei auf dem Dach des Schrottplatzes Liesenstraße erschossen worden. (2)
Aus dem Bericht des Augenzeugen geht hervor, dass sich auf dem Dach des Behelfsheims in der Liesenstraße an die 20 schaulustige Jungs aufhielten, die die Vorgänge im nahen Ostsektor beobachteten: "Ich habe nicht gesehen, daß diese Jungen mit Steinen warfen oder sich sonst irgendwie ungehörig benahmen." (3) Volkspolizisten hätten auf der Chausseestraße mit vorgehaltener Pistole versucht, vom Westsektor vordringende Menschen zurückzudrängen und schließlich auch in die Luft geschossen: "Diese Schiesserei kann höchstens fünf Minuten gedauert haben. Inzwischen war die Menschenmenge wieder im Westsektor. Plötzlich hörte ich vom Dach Stimmen, dass jemand getroffen worden sei. Zusammen mit dem Wachtmeister habe ich einen etwa 16jährigen Jungen vom Dach gehoben, und wir stellten fest, dass er aus der Herzgegend blutete. Dieser junge Mann war mir bekannt. Ich habe nur noch gesehen, wie der verletzte junge Mann, den ich als den Werner Sendsitzky erkannt hatte, mit einem Funkwagen in das Lazarus-Krankenhaus abtransportiert wurde. (...) Dieser Vorfall hat sich gegen 19.45 Uhr abgespielt. Als ich die Angehörigen des Werner benachrichtigt hatte, bin ich mit seinem Onkel und einem Bruder zum Lazarus-Krankenhaus gefahren. Dort wurde uns mitgeteilt, dass der Werner an seinen erlittenen Verletzungen verstorben ist." (4)
Ein Zufallstreffer ist es demnach gewesen, der das junge Leben des Werner Sendsitzky, der das Geschehen aus vermeintlich sicherer Distanz vom Westsektor aus beobachtete, an seinem 16.Geburtstag auslöschte.
Werner Sendsitzky wird nach der Trauerfeier des West-Berliner Senats auf dem Rudolph-Wilde-Platz vor dem Rathaus Schöneberg am 23. Juni 1953 auf dem Friedhof Seestraße beigesetzt.
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1 |
Der Polizeipräsident in Berlin/M I/1, Befragung von Horst Sch., 19.6.1953, in: PHS/Polpräs. Berlin, Bestand 17.6.1953. |
2 |
Der Polizeipräsident in Berlin/M I/1, Befragung von Walter Sendsitzky, 19.6.1953, in: PHS/Polpräs. Berlin, Bestand 17.6.1953.
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3 |
Der Polizeipräsident in Berlin/M I/1, Befragung von Horst Sch., 19.6.1953, in: PHS/Polpräs. Berlin, Bestand 17.6.1953. |
4 |
Ebd. |
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