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Tote des 17. Juni 1953
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Hermann Stieler

14.11.1919 - 18.6.1953
um 11.55 Uhr tot aufgefunden im Volkspolizeikreisamt Bitterfeld


Hermann Stieler wird am 14. November 1919 in Jeßnitz geboren; am 17. Juni 1953 ist er Zimmermann, verheiratet und hat drei minderjährige Kinder. Er beteiligt sich am Bitterfelder Aufstand, laut Polizeiberichten in maßgeblicher Weise. So soll er sich "als führender Kopf und Rädelsführer" am Sturm auf die Untersuchungshaftanstalt beteiligt und im Namen des Kreisstreikkomitees Reden gehalten haben. (1) In den frühen Morgenstunden des 18. Juni wird er festgenommen und vorübergehend in eine Polizeihaftzelle gesperrt. Als er zum Transport in die Untersuchungshaftanstalt abgeholt werden soll, findet man ihn "mittels Taschentuch und Ärmelfutter am Heizkörper erhängt" vor. (2)

Über seinen namensgleichen Vater, den Elektriker Hermann Stieler (geb. 21.1.1892), weiß man mehr, dem nämlich wurde als Mitglied des Streikkomitees der Prozess gemacht. Dessen Frau Selma sucht vor dem Prozess ihren Mann auf Kosten des toten Sohnes zu entlasten: Es habe Verwechslungen gegeben oder der Sohn habe den Vater wissentlich belastet: "Unser ältester Sohn, der ebenfalls Hermann Stieler heißt, und von dem wir uns losgesagt hatten, weil er häufig vorbestraft war, ist, nach allem, was ich erfahren habe, an den Bitterfelder Vorgängen erheblich beteiligt gewesen. Er soll dort geredet und das Gefängnis geöffnet haben. Während der Untersuchung hat er sich in der Zelle erhängt. Es ist meine feste Überzeugung, dass mein Mann mit seinem gleichnamigen Sohn verwechselt wird, und dass ihm alles das zur Last gelegt wird, was unser Sohn auf dem Gewissen hat." (3)

Die Frage, wer hier wen aus welcher Not tatsächlich oder nur zum Schein verraten hat, muss offen bleiben. Die Akten sind in diesem Fall die einzigen Zeugen. Hermann Stieler senior kommt mit anderthalb Jahren Gefängnis relativ glimpflich davon und wird nach gut einem Jahr auf Bewährung entlassen. Als die Bewährungsfrist abgelaufen ist, wird ihm von der Hallenser Staatsanwaltschaft die Reststrafe erlassen; im Schreiben vom 6. Oktober 1956 heißt es: "Seit seiner Haftentlassung arbeitet Stieler ordentlich und verantwortungsvoll. Ausweislich des Strafregisterauszuges ist er noch nicht wieder in Erscheinung getreten." (4) Der Formulierungsfehler des Staatsanwalts entbehrt nicht einer unfreiwilligen Komik, denn das Ehepaar Stieler ist tatsächlich seit längerem in der DDR nicht mehr in Erscheinung getreten: Schon seit zwei Jahren sind die Stielers "westflüchtig", wie auf dem Schreiben handschriftlich vermerkt ist. (5)

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1 Vorschlag zur Beisetzung der Opfer vom 17.6.1953, 22.6.1953, in: LHASA, Abt. Merseburg, BdVP Halle, Rep. 19, Nr. 74, Bl. 95 ff.
2 Ebd.
3 Schreiben von Selma Stieler vom 17.10.1953 an das Bezirksgericht Halle, in: BStU, Ast. Halle, AU 13/54, Bd. 2a, Bl. 178.
4 BStU, Ast. Halle, AU 13/54, Bd. 9, Bl. 181.
5 Bestattet wurde Hermann Stieler jun. am 24.6.1953 um 8.00 Uhr auf dem Gertraudenfriedhof in Halle (Abt. 4, Reihengrab 2483). Das Grab ist nicht mehr vorhanden.


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