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Abt. Leitende Organe der Partei und der Massenorganisationen
Berlin, den 16.6.1953 (v. 15.6.53 - 24.00 Uhr)
T a g e s b e r i c h t Nr. VII
Stimmungsbericht zum Kommuniqué des Politbüros v. 9.6.53
Die heute vorliegenden Berichte der Bezirke und Kreise lassen erkennen, daß sich der Einfluß der positiven Kräfte in allen Bevölkerungsschichten verstärkt.
Die Diskussion erfaßt weiterhin breiteste Kreise der Bevölkerung, wird im allgemeinen überlegter geführt und konzentriert sich vor allem auf die Einzelfragen und Erwartungen, die sich in Durchführung der beschlossenen Maßnahmen ergeben. Die letzten Meldungen zeigen, daß gerade bei den Mittelschichten (Handwerkern, Geschäftsleuten usw.) das Mißtrauen, das in den ersten Tagen oft vorherrschend war, mehr und mehr überwunden wird. Allerdings gibt es noch Vorbehalte, besonders auch bei der Intelligenz, weil immer noch auf einige konkrete Durchführungsbestimmungen gewartet wird. Von immer größeren Teilen der Bevölkerung wird die offene Selbstkritik der Partei und Regierung anerkannt. Die Bezirke melden, daß in der Bevölkerung oft darüber diskutiert wird, daß eine bürgerlich-kapitalistische Regierung wie z.B. die Adenauer-Regierung gemachte Fehler niemals so offen vor dem ganzen Volke darlegen und korrigieren würde.
In einigen Fällen findet der stärkere Einfluß der positiven Kräfte seinen Ausdruck in der Verbesserung der Arbeit der Nationalen Front, besonders bei der Bildung der Haus- und Hofgemeinschaften (z.B. Bezirk Cottbus). Während die positive Entwicklung auf dem Lande ihren Ausdruck findet in der wachsenden Zahl der Selbstverpflichtungen auf den Gebieten der Produktion und der gesellschaftlichen Arbeit (Werbung Deutsch-Sowjetische Freundschaft - Nationale Front), lassen die Berichte erkennen, daß diese Entwicklung in den Betrieben nicht im gleichen Maße in Erscheinung tritt.
Die Meldungen der Bezirke und Kreise zeigen aber auch gleichzeitig, daß sich die Arbeit der feindlichen Kräfte verstärkt hat.
Charakteristisch dafür ist der Versuch, noch vorhandene Unklarheiten und Unsicherheit auszunutzen zur Entfaltung einer verleumderischen Hetze gegen führende Funktionäre der Partei und der Regierung, zur offenen feindlichen Argumentation gegen die 10%ige Normenerhöhung sowie zur Störung des guten Verhältnisses zwischen Arbeiter und Intelligenz. Die Mehrzahl der Bezirks- und Kreisleitungen berichtet, daß ein großer Teil der Pfarrer sich bei den am Sonntag durchgeführten Gottesdiensten nicht an die gemeinsam zwischen Regierung und Kirche getroffenen Vereinbarungen hielt, teilweise republikfeindlich argumentierte und nicht zur Beruhigung der Kirchenanhänger beitrug. Die Berichte lassen erkennen, daß die Partei die Situation ernsthafter und richtiger als in den ersten Tagen einschätzt. Sie beginnt, die Diskussionen der Bevölkerung zur Überwindung von vorhandenen Unklarheiten und zur Zerschlagung feindlicher Auffassungen zu lenken.
Besonders die Bezirksleitungen gehen bereits von der Information zur offensiven Aufklärungsarbeit über. Die Kreisleitungen dagegen bleiben auf diesem Gebiet noch zurück.
Außer dieser allgemeinen Einschätzung der Lage ergeben sich aus der Diskussion folgende konkrete Probleme:
1.) Im Vordergrund der Diskussion der Bevölkerung stehen jetzt besonders die Fragen, die mit der Rückkehr ehemaliger Republikflüchtiger verbunden sind. Ein großer Teil der Bevölkerung, besonders der Arbeiter, Mitglieder der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Jugendliche, verlangt eine gründliche Überprüfung der Bedingungen der Rückgabe des Eigentums an zurückgekehrte Republikflüchtige bzw. deren Entschädigung. Sie sprechen sich vielfach dagegen aus, daß Wirtschaftsverbrecher und Personen, die als offene Feinde unserer Republik bekannt sind, ihr Eigentum zurückerhalten. (Dies wird in verschiedenen Formen aus allen Bezirken berichtet.)
Die Diskussion über die Erleichterungen im Interzonenverkehr hat sich ebenfalls stark entwickelt. Die Bezirke melden, daß auf den VPKÄ viele Nachfragen nach Interzonenpässen und Aufenthaltsgenehmigungen aus allen Schichten der Bevölkerung vorliegen. Über den Rahmen der persönlichen Interessen hinaus wird diese Maßnahme von der Bevölkerung, besonders von der Intelligenz (Teilnahme an gesamtdeutschen Tagungen), als wichtiger Beitrag zur Aufnahme engerer Verbindungen zwischen den Menschen in Ost- und Westdeutschland und zur Annäherung der beiden Teile Deutschlands angesehen.
Einen bedeutsamen Platz in der Diskussion der Berliner Bevölkerung nimmt die Frage der Rückgabe von Gärten und Grundstücken, die in den Berliner Randgebieten liegen, an die ehemaligen Westberliner Eigentümer ein. Nach den vorliegenden Berichten wünscht ein großer Teil der Berliner Bevölkerung diese Rückgabe. Auch die Möglichkeit des Einkaufes für Westberliner im demokratischen Sektor wird lebhaft diskutiert, wobei sich die Mehrzahl der Einwohner des demokratischen Sektors eindeutig gegen derartige Maßnahmen ausspricht und auch oftmals die Verabreichung von Speisen und Getränken an Westberliner in den Gaststätten des demokratischen Sektors ablehnt. So erklärte z.B. der Kollege B., Dreher im VEB Apparate und Kesselbau: "Wir müssen damit rechnen, daß viele Westberliner, darunter auch zweifelhafte Elemente, zu uns herüberkommen und z.B. unser schönes Café Warschau übervölkern werden."
2.) Die Berichte der Bezirke und Kreise zeigen nur ungenügend, wie die wirkliche Lage in den Betrieben ist. Die Bezirksleitung Halle schreibt: "Es ist zu bemerken, daß so wichtige Betriebe wie Leuna-Werk Walter Ulbricht, Chemisches Werk Buna und Mansfeld Kombinat Wilhelm Pieck keinen umfassenden konkreten Überblick über die Situation in den Betrieben geben konnten. Die ungenügende Kenntnis der Lage in den Betrieben zeugt von der Vernachlässigung der Anleitung der LPG durch die übergeordneten Parteileitungen, die die Mehrzahl ihrer Instrukteure z.Zt. überwiegend in die LPG zur Überwindung der Unklarheiten und Unsicherheit eingesetzt haben. Die Tätigkeit feindlicher Kräfte in den Betrieben verstärkt sich dagegen ständig. Sie versuchen besonders, vorhandene Unklarheiten in den Fragen der Normenerhöhung und die teilweise abwartende Haltung vieler Arbeiter auszunutzen und eine allgemeine Bewegung gegen die 10%ige Normenerhöhung auszulösen.
In vielen Betrieben wird das Gerücht verbreitet, daß die Normenerhöhungen wieder rückgängig gemacht werden. Eine geringe Anzahl von Arbeitern vertritt die Auffassung, daß die 10%ige Normenerhöhung ebenfalls auf Fehler der Partei und Regierung zurückzuführen sei.
Die oftmals durch administrative Maßnahmen erfolgten Normenerhöhungen, der sich aus dieser Tatsache ergebende Widerstand der Arbeiter ermöglichte dem Gegner, in den Betrieben Einfluß zu gewinnen und teilweise Streiks auszulösen. So wurde am 15.6. von kurzfristigen Streiks gegen die Normenerhöhung in den Betrieben Bauobjekt Krankenhaus Friedrichshain, Block 40, Stalinallee, Hermann-Matern-Werk in Roßweil, Baumwollspinnerei Mittweida, IFA-Karosseriewerk Halle und VEB Elektrowärme Zschornewitz berichtet. Über Selbstverpflichtungen zur Steigerung der Produktion und der gesellschaftlichen Arbeit wird verhältnismäßig wenig berichtet.
3.) In der Haltung der Intelligenz ist eine merklich positive Entwicklung zu verzeichnen.
Von vielen Angehörigen der technischen und wissenschaftlichen Intelligenz werden die Maßnahmen der Partei und Regierung als mutiger Schritt zur Korrigierung gemachter Fehler angesehen. Dabei werden diese Maßnahmen als konkrete Beweise für den ernsten Willen der Partei und Regierung zur Wiedervereinigung Deutschlands begrüßt (Humboldt-Universität).
In mehreren Fällen brachten Angehörige der Intelligenz zum Ausdruck, daß ihnen nun die Arbeit wieder Freude mache (Lowa Görlitz). Angehörige der technischen Intelligenz in der Baumwollspinnerei Olbersdorf, Kreis Zittau, betonten dies ebenfalls und setzten hinzu, daß sie bisher oft Angst gehabt hätten, wegen unbewußt begangener Fehler bestraft zu werden. Dies hätte sich hemmend auf die Entfaltung ihrer Eigeninitiative ausgewirkt.
Die Bezirksleitung Suhl berichtet, daß die Angehörigen der Intelligenz die Durchführung der beschlossenen Maßnahmen interessiert verfolgen und besonders auf nähere Durchführungsbestimmungen warten .
Außer dieser noch immer abwartenden Haltung bei einem Teil der Angehörigen der Intelligenz gibt es auch Beispiele dafür, daß scharfe Kritik an einzelnen Maßnahmen der Regierung geübt wird. Im Bezirk Potsdam z.B. kritisierten die Ärzte die im Zentralverordnungsblatt 15/53 veröffentlichte Maßnahme. Die Verordnung beinhaltet, daß Ärzte, die fest im Krankenhaus angestellt sind, nebenbei in einer Poliklinik arbeiten, nur ihre Tätigkeit im Krankenhaus bezahlt erhalten. Die Folge ist, daß sie sich weigern, ihre Tätigkeit in der Poliklinik auszuüben (Dr. O., Chefarzt im Kreiskrankenhaus Luckenwalde).
Durch die Verordnung wurden die Gehälter der im staatlichen Dienste stehenden Ärzte zum Teil bis auf 1000,- DM herabgesetzt.
4.) Im Gegensatz zu den vergangenen Tagen werden heute bereits aus einer Reihe ländlicher Gemeinden und LPG gute Beispiele für die Überwindung der anfangs vorhandenen Unsicherheit und Ratlosigkeit gemeldet. Die Bezirke Neubrandenburg, Magdeburg und Halle sowie andere berichten von der Übernahme von Verpflichtungen durch Genossenschafts- und werktätige Einzelbauern zur schnellen und verlustlosen Einbringung der Ernte und Übererfüllung sowie vorfristigen Erfüllung des Ablieferungssolls (z.B. LPG Haldensleben II: Ablieferung von 10.000 Ltr. Milch, 5000 Eiern, 5000 kg Schweinefleisch, 20 werkt. Einzelbauern aus Altenburg, Kreis Naumburg: Lieferung von 655 kg Schwein, 955 kg Rind, 1800 Ltr. Milch auf freie Spitzen).
Die Bezirksleitung Gera hat die Kreisleitungen der Partei besonders darauf hingewiesen, die Arbeit der Patenschaftsbetriebe in den LPG unmittelbar zu verstärken, um der noch in den meisten LPGs vorhandenen Unsicherheit zu begegnen und die Gerüchte über eine bevorstehende Auflösung der LPGs wirkungsvoll zu bekämpfen.
Diese Beispiele zeigen, daß eine weitere Verbesserung der Lage auf dem Lande eingetreten ist. Man kann jedoch nicht sagen, daß die Erscheinungen von Unruhe und auch Austritten in einigen LPGs überwunden wären. (So wurden z.B. aus dem Bezirk Gera heute wieder 19, aus dem Bezirk Dresden 13 und aus dem Bezirk Frankf./O. 1 Austritt aus den LPG gemeldet.)
Auch das provokatorische Auftreten von Großbauern hält weiterhin an.
Unter der Landbevölkerung in den Grenzgebieten taucht die Frage auf, ob Erleichterungen für das Sperrgebiet zu erwarten sind.
5.) Die Lage in den Blockparteien kann heute noch nicht umfassend eingeschätzt werden. Der Bezirk Leipzig berichtet zwar, daß in der LPG in den letzten Tagen zahlreiche Sitzungen und Beratungen durchgeführt wurden, ohne zu wissen, mit welchen Fragen man sich dort beschäftigte. Einige andere Bezirke beschränken sich auf die Wiedergabe von einzelnen Äußerungen von Funktionären der anderen Parteien. Auf einer Versammlung der Nationalen Front in der Gemeinde Wardow, Kreis Güstrow, so berichtet z.B. die Bezirksleitung Schwerin, fragte eine Frau aus ehemals Ostpreußen, "wann kommen wir wieder zurück?" Hierauf erklärte der Vorsitzende des Ortsausschusses, P. (NDPD): "Wir, die NDPD, haben in unserem Programm das Ziel die Einheit Deutschlands sowie die Wiedervereinigung der Ostgebiete."
In dem Bericht der Bezirksleitung Cottbus heißt es: Auf einer Tagung der Vorsitzenden und politischen Geschäftsführer der NDPD aus den Kreisen am 13.6.53 wurde ausschließlich die Meinung vertreten, daß die Beschlüsse des ZK und der Regierung eine Niederlage seien.
In keiner Diskussion kam eine Zustimmung oder Unterstützung der Beschlüsse des ZK und der Regierung zum Ausdruck.
Weiter war aus den Diskussionen zu ersehen, daß viele Funktionäre der NDPD der Meinung sind, daß diese Beschlüsse sich positiv auf die Stellung der NDPD in der DDR auswirken werden. Sie brachten zum Ausdruck, daß die NDPD schon früher gesagt hat, daß man nicht solche Maßnahmen durchführen kann.
6.) Das Verhalten der Kirche wird von den meisten Bezirken als unvereinbar mit den Ereignissen der Beratung zwischen Regierung und Kirche bezeichnet. So wurden z.B. in den Kreisen Leipzig/St., Grimma, Delitzsch und Altenburg in Form von Gleichnissen, Bibelsprüchen und in offener Hetze triumphierend auf das Kommuniqué des Polit.-Büros eingegangen. Der Prediger Prof. Dr. P. sagte in der Universitätskirche Leipzig/St. "Klagelieder sind nun in Loblieder umzuändern, unsere Jugend hat jetzt einen großen Erfolg errungen, das Volk ist in Hunger und Not, die Arbeiter haben nicht einmal Zeit zum Essen. Die kapit. Regierung war schlecht, aber die Regierung ohne Gott geht den gleichen Weg." Über eine offene Provokation der Kirche berichtet uns die Bezirksleitung Erfurt. Unter dem Vorwand der Durchführung einer öffentlichen Versammlung zur Vorbereitung der Ernte am 13.6.53 in Escholdstedt, Kreis Apolda, wurde vom Oberpfarrer M. eine Resolution zur Abstimmung gebracht. Diese Resolution enthielt u.a. die Forderung nach sofortiger Abberufung aller derjenigen, die bisher die Politik der Partei und Regierung vertreten haben. Weiter wird die Abberufung des komm. Bürgermeisters sowie dessen Bestrafung gefordert. Umwandlung der BHG in eine Bauerngewerkschaft sowie Absetzung der Regierung der DDR. (Dieser Oberpfarrer M. ist Bruder des Landesbischofs.)
Weiter wird aus den Bezirken mitgeteilt, daß der Hirtenbrief des Bischofs Dibelius, in dem Erklärungen über die zwischen Regierung und Kirche getroffenen Vereinbarungen abgegeben wurden, nur in den wenigsten Fällen am Sonntag von den Pfarrern verlesen wurde. In Cottbus wurde z.B. in den 26 durchgeführten Gottesdiensten lediglich von 6 Pfarrern Stellung genommen zu den Maßnahmen der Regierung, wovon 4 Pf. die Erläuterung in negativer Form vornahmen. Uns wurde nicht ein Bsp. berichtet, in dem Vertreter der Kirche das Abkommen zwischen Regierung und Kirche in positiver Verbindung des deutschen Volkes um die Einheit Deutschlands und dem Abschluß eines Friedensvertrages behandelt hätten. - Viele Pfarrer sprachen am Sonntag von einem großen Sieg der "Jungen Gemeinde" und forderten eine noch größere Aktivität derselben. Gleichzeitig gaben sie die nächsten Zusammenkünfte der "Jungen Gemeinde" bekannt.
7.) Über die Tätigkeit feindlicher Elemente ist in Ergänzung zum gestrigen Bericht zu sagen, daß sich besonders die Gerüchte über den Genossen Wilhelm Pieck, Oder/Neiße-Friedensgrenze und über die Auflösung der KVP und die angeblich bevorstehende Währungsreform verstärken. Dabei bleibt es in Bezug auf die KVP und VP nicht nur bei Gerüchten. Z.B. berichtet die Bezirksleitung Dresden, daß in Kamenz frühere Inhaber von Wohnungen, die von der VP beansprucht wurden, die Rückgabe dieser Wohnungen gefordert haben. Teilweise wurden sogar schon Forderungen auf Rückerstattung von Umzugskosten gestellt.
Die provokatorischen Äußerungen über eine "notwendige Bestrafung" führender Genossen im Zentralkomitee und Regierung haben sich bedeutend verstärkt.
Wie in den letzten Tagen sind auch heute wieder Meldungen über die Entfernung von Bildern führender Genossen (Kreis Grimma, Karl-Marx-Werk Zwickau, Kreis Haldensleben) und über weitere Provokationen (z.B. Hetzgedicht u.ä.) zu verzeichnen.
Aus all dem ist zu erkennen, daß die - teilweise organisierte - gegnerische Arbeit weiterhin anhält.
8.) Die unmittelbar nach der Veröffentlichung des Kommuniqués des Politbüros aufgetretene Unsicherheit vieler Leitungen und Mitglieder unserer Partei wird, wie aus den letzten Berichten ersichtlich ist, mehr und mehr überwunden.
Diese Feststellung trifft besonders auf die Bezirke zu, die durch Einsatz von Instrukteuren in Kreisen, Schwerpunktbetrieben und wichtigen LPGs sowie durch eine sorgfältige Anleitung des Staatsapparates, der Massenorganisationen und der Nationalen Front eine straffere Arbeit der Leitung verwirklichen. Einige Bezirksleitungen gingen in größerem Maße dazu über, Seminare und Beratungen mit den Sekretariaten der Kreisleitungen durchzuführen. Durch in die Kreise entsandte Instrukteure der Bezirksleitungen wurden ebenfalls Seminare und Beratungen mit den Sekretären und teilweise auch mit allen Leitungsmitgliedern der Grundorganisationen organisiert (z.B. Cottbus, Schwerin, Suhl). Die Leitungen kritisieren verstärkt das Fehlen einer zentralen Argumentation und fordern, daß leitende Funktionäre des Politbüros und des Sekretariats des ZK ausführlich zum Kommuniqué des Politbüros vom 9.6.1953 Stellung nehmen.
Eine charakteristische Schwäche für die Arbeit der Kreisleitungen ist, daß sie sich zu wenig auf die Arbeit in den Betrieben konzentrieren und noch immer keinen wirklichen Überblick über die Lage in den Betrieben ihres Kreises besitzen.
Bei einer Reihe von Mitgliedern unserer Partei zeigen sich Unklarheiten. Diese treten besonders bei den Diskussionen über die Beschlüsse der II. Parteikonferenz auf. So erklärte z.B. Gen. St., Hauptverwaltung Deutsche Seepolizei: "Was wir durchgeführt haben, wurde doch auf der II. Parteikonferenz beschlossen. Warum sollen wir von der Losung Aufbau des Sozialismus abgehen?"
Im Bericht von der Wismut heißt es: "In den Diskussionen zeigt sich, daß mehrere Unklarheiten bestehen, ob die Beschlüsse der II. Parteikonferenz noch Gültigkeit haben, oder ob sie zurückgezogen wurden?"
In einer Reihe von Leitungen, Parteischulen, Leitungen der Massenorganisationen sowie im Staatsapparat gibt es noch immer Tendenzen, die Begründung für die Maßnahmen des Politbüros und der Regierung hauptsächlich oder gar ausschließlich in der internationalen Lage zu sehen. (Parteihochschule, einige FDJ-Leitungen,usw.)
gez. Karl Schirdewan
[Quelle: SAPMO-BArch, NY 4090/435, Bl. 18-25; Namen von den Hg. anonymisiert.]
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