Rundfunkansprache von Wilhelm Pieck
[DDR-Rundfunk, 29.6.1953]


Liebe Landsleute, liebe Freunde und Genossen!

Mir sind in den letzten Tagen und Wochen so viele Grüße, Genesungswünsche und Vertrauensbeweise übermittelt worden, daß ich mich verpflichtet fühle, allen Werktätigen unserer Republik und allen meinen Genossen dafür herzlich zu danken.

Ich habe mich gerade in diesen Tagen, da imperialistische Kräfte ein faschistisches Abenteuer gegen die Deutsche Demokratische Republik inszenierten, besonders innig mit allen Werktätigen und friedliebenden Menschen unseres Vaterlandes verbunden gefühlt.

Aus Tausenden von Briefen und Mitteilungen von Besuchern der Sprechstunden meiner Kanzlei kannte ich die Nöte und Beschwerden unserer Bevölkerung. Darum habe ich Ende Mai, als mich Vertreter des Politbüros meiner Partei über dessen Beratungen informierten, die Änderung des Kurses von Partei und Regierung voll und ganz gebilligt.

Dieser neue Kurs, der am 9. Juni der Öffentlichkeit bekanntgegeben wurde, ist auf eine Hebung der Lebenshaltung aller Schichten der Bevölkerung, auf eine allgemeine Besserung der Lage in unserer Republik und auf die Überwindung der Kluft zwischen Ost und West unseres Vaterlandes gerichtet.

Eben weil der neue Kurs den Werktätigen hilft, weil er der Einheit und dem Frieden dient, eben darum fürchten ihn die großkapitalistischen Feinde des Volkes und die Kriegsbrandstifter.

Von der ersten Nachricht über die faschistischen Provokationen in Berlin war für mich klar, daß sie den neuen Kurs von Partei und Regierung durchkreuzen sollten. Dabei mißbrauchten die Provokateure eine unzweifelhaft vorhandene Unzufriedenheit unter den Werktätigen, die zum Teil berechtigte Forderung gegen bestehende Mißstände erhoben.

Aber auch die zeitweilig irregeführten Werktätigen erkannten sehr bald, auf welchen gefährlichen Weg die faschistischen Abenteurer und ihre ausländischen Hintermänner sie drängen wollten. Wie einst die Reichstagsbrandstiftung, so sollten die Brandstiftungen am Potsdamer Platz zu Flammenzeichen eines neuen Krieges werden. Durch die Haltung der Mehrheit der Werktätigen, durch den tapferen Einsatz der Volkspolizei und das besonnene Eingreifen der Sowjettruppen ist der Brandfunke ausgetreten worden, bevor er einen neuen Krieg entzünden konnte. Dafür sage ich allen, die durch ihren selbstlosen Einsatz unsere demokratische Ordnung und den Frieden verteidigten, meinen aufrichtigen Dank.

Jetzt kommt es darauf an, den neuen Kurs mit erhöhter Kraft fortzuführen. Alle seit dem 9. Juni bereits beschlossenen und noch geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Lage aller müssen rasch und entschlossen verwirklicht werden.

Das erfordert die vertrauensvolle Mitarbeit aller, die aufrichtig für das Wohl des Volkes eintreten. Jeder Werktätige muß jetzt durch gute Leistungen und gewissenhafte Erfüllung seiner Aufgaben dazu beitragen, die Lebenshaltung seiner Familie zu verbessern. Jeder ehrliche Deutsche muß jetzt erkennen, daß die faschistischen Provokateure geschlagen werden müssen, damit der Weg zur gesamtdeutschen Verständigung frei wird, damit wahrhaft freie Wahlen in ganz Deutschland und ein gerechter Friedensvertrag erreicht werden können.

Darum, liebe Landsleute, liebe Freunde und Genossen, vorwärts auf dem neuen Kurs unserer Partei und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik für das Wohl des Volkes, für die Einheit Deutschlands und den Frieden der Welt!

[Quelle: SAPMO-BArch, NY 4036/461.]