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Abgänge von Mitgliedern
Im Monat August sind im DDR-Maßstab insgesamt 5.015 Abgänge von Mitgliedern zu verzeichnen.
Die statistische Erhebung über diese Abgänge im Monat August gliedert sich wie folgt:
51,1 % freiwillige Austritte
22,2 % Abgänge durch Auflösungen d. LPG
14,1 % Berufs- und Wohnungswechsel
2,2 % Abgänge durch Altern, Krankheit, Tod
14,4 % Ausschlüsse von Mitgliedern aus LPG
100 %
Die Gründe für Auflösungen, beabsichtigte Auflösungen und Austritte sind im wesentlichen folgende:
- Annahme, daß in der individuellen Einzelwirtschaft durch die neuen Beschlüsse der Regierung über die Förderung derselben eine gesündere Perspektive bestände, als in der LPG, bzw. war der Zusammenschluß - meist erst im Frühjahr - aus spekulativen Gründen erfolgt.
- Rückgabe von Betrieben an ehemalige Bewirtschafter bzw. umfangreiche Austritte, ist der Grund für ein Teil Auflösungen von LPG.
- Schlechte Arbeitsorganisation innerhalb der Genossenschaft, sowie Arbeitsüberlasung durch Übernahme von unbewirtschafteten Flächen.
- Statutverletzungen, indem versucht wird, die LPG mit administrativen Maßnahmen zu leiten.
Zu 1. Die LPG Butler, Kreis Suhl, hatte sich im Mai d.J. gebildet. Die Arbeit wurde in der Frühjahrsbestellung noch individuell durchgeführt. Als in der Ernte zur genossenschaftlichen Arbeit übergegangen werden sollte, lehnten dieses die Mitglieder ab, da sie der Meinung sind, daß sie jetzt auch wieder als Einzelbauern weiter wirtschaften können. Die LPG ist bereits aufgelöst. Ebenso löste sich die LPG Dröschkau, Kreis Torgau, Bezirk Leipzig, aus diesem Grunde auf. Hinzu kommt noch, daß in diesen LPG die feindlichen Elemente eine ständige Wühlarbeit leisteten. In der LPG Meßburg, Kreis Brandenburg, die nur aus 4 Betrieben mit 4 Mitgliedern bestand, waren alle 4 der Meinung, daß sie als Einzelbauern ihr Soll auch wieder allein erbringen können. Diese Gründe der Auflösung zeigen ganz klar, daß nur spekulative Absichten für die Bildung der LPG ausschlaggebend waren.
Zu 2. Durch Rückgabe von Betrieben an ehemalige Bewirtschafter bzw. Austritte war der Grund für die Auflösung der LPG Gersdorf, Kreis Döben. Die LPG bestand aus 2 Betrieben mit 54 ha und 13 Mitgliedern (Landarbeiter). Nachdem 1 Betrieb zurückgegeben wurde, traten 10 Mitglieder aus. Die restlichen 3 Mitglieder sahen keine Perspektive für ihre weitere Entwicklung als LPG. Die LPG Schweta desselben Kreises beschloß die Auflösung nach der Ernte, weil von 7 Mitgliedern 3 ihren Austritt erklärt haben. Die verbleibenden 4 wollen nicht weiter arbeiten, weil die Felder so weit voneinander entfernt liegen. Im Bezirk Potsdam, Kreis Oranienburg löste sich die LPG Mühlenbeck auf, weil durch Rückgabe von 2 devastierten Betrieben keine Entwicklungsmöglichkeit mehr vorhanden war. Die LPG bestand aus 4 Betrieben mit64,4 ha, die von 3 Landarbeitern und 2 Neubauern bewirtschaftet wurden.
Zu 3. Durch schlechte Arbeitsorganisation, indem keine Brigaden gebildet wurden und die Arbeitsdisziplin ständig verletzt wurde, kam es soweit, daß sich die LPG Waldenburg, Kreis Glauchau, auflöste. Ebenso treten Auflösungserscheinungen in der LPG Herzberg, Kreis Neuruppin, auf, weil die innere Betriebsordnung nicht eingehalten wird. Es herrscht ein gewisses Bummelantentum in der Genossenschaft, daß sich darin äußert, daß die Arbeitszeit nicht eingehalten und mit dem genossenschaftlichen Eigentum nicht sorgsam umgegangen wird. Im Bezirk Leipzig beschloß die LPG Groß Steinbach, sich nach der Ernte aufzulösen, weil es bis jetzt nicht gelungen ist, eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Ländereien in der LPG zu gewährleisten. In der LPG bestehen die Brigaden nur formal auf dem Papier und die Arbeitsdisziplin bzw. die Arbeitszeit wird nicht eingehalten. Im Kreis Heiligenstadt, LPG Geißleben und Rothenbach arbeiten die Mitglieder nicht mehr in Brigaden und Gruppen, sondern individuell, so daß fortgesetzt gegen die Betriebsordnung verstoßen wird. Durch Arbeitsüberlastung, indem den Genossenschaften von der Verwaltung große Flächen aufgezwungen wurden, ist der Hauptgrund für die beabsichtigten Auflösungen nach der Ernte in der LPG Kühn und Friedrichshof, Kreis Bützow, Bezirk Schwerin. Hinzu kommt noch, daß die Patenbetreuung gegenüber diesen LPG schlecht ist. Ein gutes Beispiel, wie durch aktive Unterstützung des Patenbetriebes der LPG geholfen werden kann, zeigt uns die LPG Hansfeld, Bezirk Gera. In der LPG kommt auf 1 Mitlied 14 ha LNF. Durch aktive Unterstützung des Patenbetriebes "Wilhelm Pieck" in Schwarza konnten alle anfallenden Arbeiten reibungslos bewältigt werden.
Zu 4. Die schlechte Arbeit einer Anzahl von Vorsitzenden ist eine der Hauptursachen für Unzufriedenheit unter den Mitgliedern in der Genossenschaft, sowie zahlreiche Austritte. So z.B. führten die Vorsitzenden der LPG Gadsdorf und Schunow, Kreis Zossen, Bestellungen und Maßnahmen durch, ohne das Einverständnis der Mitglieder. Im Kreis Neuruppin in der LPG Zühlen, Bautzendorf und Manker leiten die Vorsitzenden die Genossenschaft, ohne sich nach den Beschlüssen der Mitgliederversammlung zu richten. Diese Ursache kann jedoch beseitigt werden, wenn von staatlicher -seite der Genossenschaft geholfen wird. So wurde z.B. in der LPG Baerwalde, Kreis Zwickau, durch Veränderung in der Leitung (Neuwahl des Vorsitzenden) erreicht, daß von 14 Mitgliedern, die ihren Austritt erklärt haben, 12 Anträge zurückgezogen wurden.
Bemerkung
Trotzdem von der Partei und Regierung Anfang Juni den LPG empfohlen wurde, vorläufig von Aufnahmen neuer Mitglieder abzusehen, mehren sich die Anträge werktätiger Einzelbauern, Mitglied einer LPG zu werden. So z.B. im Bezirk Halle, Kreis Artern, Bitterfeld, Querfurt und Köthen liegen mehrere Anträge dieser Art vor. Die LPG "Wilhelm Pieck" Baasdorf, Kreis Köthen, nahm einen werktätigen Bauern mit 9 ha Land auf. Weitere Aufnahmegesuche liegen in dieser LPG vor. Vom Bezirk Leipzig wird gemeldet, daß in den Gemeinden Mülsen, St. Jakob, Niederorienitz, Thandorf und Stenn Bestrebungen zur Neubildung von Genossenschaften vorhanden sind. Hierbei ist jedoch festzustellen, daß solche Erscheinungen nur dort auftreten, wo schon eine starke Genossenschaftsbewegung vorhanden ist und wo in der diesjährigen Frühjahrsbestellung und Ernte gute Erfolge in der genossenschaftlichen Arbeit erzielt wurden.
Brigadeeinsätze zur wirtschaftlich-organisatorischen Festigung der LPG
Die Brigadeeinsätze in den Kreisen und den Bezirken ist nach den vorliegenden Berichten noch sehr ungenügend. So z.B. führten die Kreise Neubrandenburg, Neustrelitz, Prenzlau und Waren Brigadeeinsätze in ihren Kreisen durch. Jedoch wurden keine konkreten Maßnahmen veranlaßt, um den LPG zu helfen, sondern nur allgemeine Feststellungen getroffen, daß aber auch gute Arbeit im Bezug auf Brigadeeinsatz im Bezirk Neubrandenburg geleistet wurde, zeigt das Beispiel der Kreise Altentreptow und Strasburg. In diesen Kreisen wurden die LPG durch politisch und fachlich geeignete Kräfte überprüft und konkret angeleitet. In einer Sondersitzung der Räte der Kreise wurde für jede wirtschaftsschwache LPG ein konkreter Beschluß gefaßt, wie diesen LPG geholfen werden soll. Im Bezirk Dresden bestehen 82 Brigaden mit einer Stärke von 2-4 Mann, die bisher 144 LPG angeleitet haben. Die Hauptschwäche der Brigadeeinsätze im Bezirk kommt jedoch darin zum Ausdruck, daß die Anleitung zum größten Teil ebenfalls nur auf Feststellungen beschränkt sind und den LPG dadurch nicht geholfen wurde. Der Grund hierfür liegt an der ungenügenden Auswahl der Kader und der Schulung derselben, sowie einer mangelhaften Kontrolle des Brigadeeinsatzes vom Rat des Bezirkes. Zur Verbesserung der Arbeit der Instrukteurbrigaden wurde im Bezirk Leipzig beschlossen, in jedem Kreis einen Instrukteur zu senden, damit die Kreise besser angeleitet werden.
Einiges zur Hackfruchternte und Herbstbestellung
Eine genaue Übersicht über den Stand der Hackfruchternte und Herbstbestellung ist noch nicht vorhanden, da einige Bezirke hierrüben noch keine Meldungen eingeschickt haben. Im Bezirk Magdeburg z.B. wurden bis zum 10.9.53 17,6 % der Kartoffeln gerodet, die Schälfrüchte zu 91,9 % gezogen, Winterraps auf einer Fläche von 3788 ha gesät. Die Erträge bei Kartoffeln liegen im Bezirk Erfurt im Durchschnitt bei 140 dz/ha.
Zur Verteilung der Einkünfte
Aus allen Bezirken wird berichtet, daß, trotzdem in allen LPG die Richtlinien des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft zur Verteilung der Einkünfte vorhanden sind, grobe Verletzungen bei der Verteilung, sowie der Anwendung des Leistungsprinzips auftreten. So z.B. wurden die Produkte in der LPG "Fortschritt" in Gornau, Kreis Zschopau, nicht nach Arbeitseinheiten verteilt, sondern nach eingebrachtem Boden. In der LPG Bronkow, Kreis Calau, Bezirk Cottbus wurden alle bisherigen Vorschußzahlungen ebenfalls nicht nach Arbeitseinheiten, sondern nach Flächen verteilt. In 15 LPG des Bezirks Erfurt wird nicht nach Normen gearbeitet. Es wurde diesen LPG vorgeschlagen, eine Umrechnung der Arbeitstände in Arbeitseinheiten vorzunehmen. Die Vorschußzahlungen liegen im Kreis Kö.-Wusterhausen im Durchschnitt je Arbeitseinheit 7 kg Getreide und je ha eingebrachten Bodens 125 kg. Getreide. Im Bezirk Suhl erfolgt die vorschußweise Naturalzahlung am Beispiel einiger LPG in folgender Höhe: In der LPG Jagdshof pro Arbeitseinheit Getreide 518 kg und Kartoffeln 49,5 kg. In der LPG Orlsdorf pro AE 7,35 kg Getreide und 26 kg Kartoffeln. In der LPG Almerwind 12,4 kg Getreide und 45,5 kg Kartoffeln.
Nach Bodenanteil:
In der LPG Jagdshof pro ha 298,3 kg Getreide, 2278 kg Kartoffeln
In der LPG Orlsdorf pro ha 287 Getreide, 1021 Kartoffeln
In der LPG Almerswind pro ha 289 Getreide, 1430 Kartoffeln
Zur besseren Anleitung der LPG bei der Verteilung der Einkünfte wurde vom Rat des Bezirkes Halle ein Beispiel erarbeitet und in den Druck gegeben, mit dem Titel "Wie bereitet sich die LPG Neundorf - Priester Saalkreis auf die Verteilung der Einkünfte vor."
Die Arbeit des Klassengegners
In allen Bezirken ist eine verstärkte gegnerische Wühlarbeit festzustellen. Das Hauptmittel des Klassengegners besteht in der Verbreitung von Gerüchten und Hetzschriften. So z.B. erhielt der Vorsitzende der LPG Langensalza und Wietleben im Kreis Langensalza Hetzschriften durch den Untersuchungsausschuß "Freiheitlicher Juristen".
Im Kreis Belzig, Gemeinde Raben wurden Flugblätter mit Luftballons herabgelassen mit der Aufschrift "die Lügen der Kommunisten über den 17.6.53" und "Entfernt die SED-Funktionäre aus euren LPG". Als Hauptargument zur Beeinflussung der Mitglieder der LPG verbreitet der Gegner die Gerüchte, daß die LPG alle aufgelöst werden bzw. die Pflichtablieferung zu verlangsamen, es käme eine nochmalige Sollermäßigung. Weiterhin versucht der Gegner, Unstimmigkeiten durch gefälschte Schreiben an LPG unter den Mitgliedern hervorzurufen. So z.B. wurde der LPG Lübbenow, Kreis Staßfurt, mitgeteilt, daß sie vom Ministerium für Land- und Forstwirtschaft als Mustergenossenschaft vorgesehen sei und ihr 50 % des Solls erlassen und eine Prämie von 10 000 DM für beliebige Anschaffungen zur Verfügung gestellt worden sind. auch geht der Klassengegner in der letzten Zeit bereits wieder zu offenen Sabotageakten über. So wurden z.B. in der LPG Charlottenburg, Kreis Anklam, 4 Kühe vergiftet. Man fand in der LPG Kartoffeln, in denen Giftkörner vorhanden waren. In der LPG Wulkow, Kreis Neuruppin gingen ebenfalls 2 Kühe an Vergiftung ein. In der LPG Werder, Kreis Altentreptow wurde ein Reifen vom Gummiwagen völlig zerschnitten. In der LPG Starkow, Kreis Hagenow, wurden die Treibriemen eines Dreschkastens vernichtet. In der LPG Engelburg, Kreis Leipzig wurden mehrere Tage hintereinander Eisenstücke in Dreschkästen gefunden. Besonders stark ist die Hetze der Großbauern in einigen Kreisen. Sie versuchen, die Genossenschaftsbauern, besonders solche, die beabsichtigen auszutreten bzw. schon ausgetreten sind, für ihre Schädlingsarbeit auszunutzen. So z.B. forderten sie ausgetretene Mitglieder von Groß-Aschersleben, Bezirk Magdeburg, ihren eingebrachten Acker zurück, als auch auf die Bestimmungen des Status berufen wurde, drohten sie mit Schlägerei. Die Hintermänner dieser Aktion waren die Großbauern des Dorfes. Im Kreis Altenburg z.B. hat der Großbauer Etzold aus Fackenbeck (devastiert) einen Aushang angebracht, in dem er ankündigt, seine Scheune und seinen Garten von dem ehemaligen Besitztum zu verkaufen. Hierdurch versucht der Großbauer, Unruhe in der LPG zu stiften, da der Garten und die Scheune von der LPG genutzt wird. Der republikflüchtige Großbauer Zimmermann versuchte, seine ehemaligen Landarbeiter (LPG Lansen, Kreis Waren) zu beeinflussen Unterschriften für die Auflösungen der LPG zu sammeln. Die Tochter des republikflüchtigen Großbauern Karl Lange aus Westberlin richtete an den Vorsitzenden der LPG Leopoldshagen, Kreis Uckermünde, folgendes Schreiben: "Richtet euch so ein, daß ihr uns gegenüber stehen könnt - die Zeit kommt".
Zur weiteren Sicherung gegenüber der Tätigkeit des Klassengegners gehören verstärkte Aufklärungsarbeit in den LPG, Organisierung von Wachschutz und eine enge Zusammenarbeit mit der VP, sowie mit dem Staatssicherheitsdienst.
[Quelle: BLHA, Rep. 730, Nr. 956.]
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