Geheime Verschlußsache
ZK 08 3437/56

[ZK-]Abteilung für Sicherheitsfragen


Berlin, den 9.1.1954
Rö/Scht.

A k t e n n o t i z

Betr.: Besprechung beim Genossen Walter Ulbricht am 8.1.1954

Anwesend:
Die verantwortlichen sowjetischen Genossen Berater
für das Staatssekretariat für Staatssicherheit,
Genosse Willy Stoph,
Genosse Ernst Wollweber,
Genosse Otto Walter,
Genosse Otto Last,
Genosse Weikert,
Genosse Röbelen,
u. beim ersten Punkt der Tagesordnung: Gen. Maron

Der Genosse Ulbricht leitete die Sitzung ein und erteilte dem Genossen Chefberater das Wort zu einem Bericht über die Überprüfung durch die sowjetischen Freunde der Arbeit der Deutschen Volkspolizei.

Der Genosse Chefberater kritisierte insbesondere die schlechte Arbeitsweise der Kriminalpolizei und teilte mit, daß die Anweisung, die vor ca. 6 Monaten herausgegeben wurde, über die verstärkte Werbung von Informatoren aus der Bevölkerung für die Kriminalpolizei von der Volkspolizei nur völlig ungenügend durchgeführt wird und die Zahl dieser Informatoren außerordentlich gering sei. Durch das Fehlen eines Informatoren-Apparates sei ein starkes Ansteigen der Kriminalität zu verzeichnen. Er teilte mit, daß nach ihren Ermittlungen die Aufklärungsquote 30 % betrage. Genosse Karl Maron warf ein, daß nach seiner Statistik 60 % aller Fälle aufgeklärt worden seien.

Der sowjetische Freund bemängelte, daß die Informatoren nicht systematisch bei den Schwerpunkten geworben werden und ihre Qualität viel zu wünschen übrig läßt.

Er teilte mit, daß ohne gute Informatoren bei der Arbeit zur Bekämpfung der Verbrechertätigkeit keine besseren Resultate erzielt werden können, vor allen Dingen, daß keine vorbeugenden Maßnahmen und Verhinderung von Verbrechen ohne Informatoren möglich seien.

Von ihm wurde weiterhin der Strafvollzug stark kritisiert. Die Außenkommandos seien völlig ungenügend bewacht und Entweichungen von Gefangenen größerer Zahl sei die Folge davon. Aber auch die Ordnung in den Gefängnissen ist keineswegs gefestigt. Insbesondere haben die Kontrollen der sowjetischen Genossen ergeben, daß zwischen den VP-Angehörigen und den Gefangenen vielfach freundschaftliche Beziehungen hergestellt wurden.

Der sowjetische Freund bemängelte, daß die Leitung der Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei nicht ernsthaft genug die Anleitung ihrer Organe vornehme, da die leitenden Genossen zu wenig in den untersten Dienststellen zur Kontrolle und Hilfe anwesend seien, und daß die Volkspolizei-Organe in den Kreisen und Orten völlig ungenügend angeleitet werden und deren Arbeit und politisch-moralischer Zustand der Leitung zu wenig bekannt sei.

Kritik wurde geübt am Genossen Maron und der Polizeiführung für ihren Urlaub während der Weihnachts- und Neujahrstage. Der Freund teilte mit, daß in der Sowjetunion die Staatlichen Organe gerade an Festtagen in höchster Alarmbereitschaft seien und die verantwortlichen Funktionäre im Dienstgebäude übernachten und nicht nach Hause gehen. Selbstverständlich sollten auch die verantwortlichen Funktionäre der Volkspolizei ihren Urlaub bekommen, aber nicht in solchen Tagen.

Des weiteren wurde bemängelt, daß die Arbeit der Volkspolizei ohne Arbeitspläne erfolge. Er wies darauf hin, daß heute noch in der Sowjetunion die Staatlichen Organe nach monatlichen und Quartals-Arbeitsplänen arbeiten.

Dann wurde dem Genossen Maron das Wort erteilt, der folgendes ausführte:

Es entspricht nicht den Tatsachen, daß in der Deutschen Volkspolizei ohne Arbeitspläne gearbeitet wird. Tatsache ist, daß diese Arbeitspläne noch viele Mängel haben, und daß vor allen Dingen durch die sich sehr rasch verändernde politische Situation meistens die Arbeitspläne nicht durchgeführt werden können, da andere Arbeiten dringlicher Natur durchgeführt werden müssen.

Er selbst habe in seinem Arbeitsplan für Dezember festgelegt, saß er einige Volkspolizei-Dienststellen der DDR besuchen wolle, um dort zu überprüfen und Anleitung zu geben, sei aber infolge Vorbereitung zur Berliner Konferenz nicht dazu in der Lage gewesen, seinen Plan einzuhalten.

Genosse Maron teilte mit, daß er sich dessen bewußt sei, daß er in den unteren Organen nicht genügend angeleitet habe. Das sei zum Teil darauf zurückzuführen, daß er alle Hände voll zu tun hat, um die Hauptverwaltung selbst anzuleiten.

Zum Bericht über die Situation auf dem Lande führte Genosse Maron aus, daß die Brigaden die Verhältnisse nicht immer richtig gesehen haben, vor allen Dingen, daß nicht berücksichtigt worden sei, daß die Abschnittsbevollmächtigten erst vor ca. 8 Monaten eingesetzt worden seien, daß sie ein völlig neues Arbeitsgebiet übernommen hätten und über keinerlei Erfahrungen verfügen. Es sei indessen eine Tatsache, daß sie von dem Volkspolizei-Kreisamt schlecht und zu wenig angeleitet worden seien. Genosse Maron teilte mit, daß in der deutschen Volkspolizei ein empfindlicher Kadermangel zu verzeichnen sei, und daß infolge der dringenden Aufgaben sie nicht in der Lage seien, die Kader richtig vorzubereiten und zu schulen, sondern die neu Geworbenen sofort in den operativen Dienst einreihen müssen, und daß aus diesem Grunde viele Schwächen in der Arbeit zu verzeichnen seien. Zur Zeit seien in der Deutschen Volkspolizei 19.000 Fehlstellen vorhanden.

Die Ausbildung an der Waffe sei bisher fast nicht möglich gewesen, da bis vor 14 Tagen die deutsche Volkspolizei über keinerlei Munitionsbestände verfügt haben, und die VP-Angehörigen pro Pistole nur 8 Schuß Munition gehabt hätten. Es sei eine Tatsache, daß ein großer Prozentsatz der Volkspolizisten noch nie mit ihrer Waffe geschossen haben.

Ebenfalls führte er aus, daß das Verbindungswesen, besonders Telefon, schlecht sei, daß die Bemerkung des Genossen Walter Ulbricht, daß durch die Benutzung des öffentlichen Fernsprechnetzes die Feinde von allen Maßnahmen frühzeitig Kenntnis erhalten, den Tatsachen entspricht. Leider seien ihm im Frühjahr dieses Jahres die finanziellen Mittel für den Ausbau des Verbindungswesens gestrichen worden, so daß er nicht in der Lage gewesen sei, eigene Netze aufzubauen.

Genosse Maron teilte mit, daß die Werbung von Informatoren wirklich noch außerordentlich schlecht sei, und auch die Qualität der geworbenen Informatoren nicht den Anforderungen entspreche. Zurückzuführen sei dies erstens auf die Tatsache, daß bis vor 5 oder 6 Monaten vom damaligen Ministerium für Staatssicherheit ihm untersagt worden sei, überhaupt mit Informatoren zu arbeiten. Außerdem habe er selbst die Werbung von Informatoren etwas gebremst, damit keine Fehler passieren, da keinerlei Erfahrungen bisher vorhanden waren in der Arbeit und Werbung von Informatoren. Genosse Maron wies darauf hin, daß es evtl. Schwierigkeiten mit den Sicherheitsorganen geben würde, da man in gewissen Fällen doch nicht wissen könne, ob Personen, die geworben werden sollen, nicht bereits für die Staatssicherheit verpflichtet seien.

Einwurf des Genossen sowjetischen Chefberaters: Man müsse in solchen Fällen bei den Dienststellen nachfragen, ob er bei ihnen als Informator registriert sei, dann könne keine Panne passieren.

Genosse Walter Ulbricht machte den Vorschlag, daß Genosse Maron den Entwurf für eine Vorlage an das Politbüro zur Verbesserung der Arbeit ausarbeiten solle, wobei es darauf ankomme, grundsätzliche Veränderungen, vor allen Dingen im Bewußtsein und im Kampfgeist der Volkspolizisten herbeizuführen.

Genosse Ulbricht wies darauf hin, daß die auftretenden Schwächen in der Arbeit der Volkspolizei zum Teil daraus resultieren, daß die Volkspolizei für den Aufbau der KVP, des Staatssekretariats für Staatssicherheit und anderer wichtiger Apparate laufend qualifizierte Kader habe abgeben müssen, daß in den Jahren 1948/49 die Volkspolizei einen höheren Stand in ihrer Arbeit erreicht habe, der durch den Abgang vieler qualifizierter Mitarbeiter gesunken sei.

Der sowjetische Chefberater begrüßte den Vorschlag des Genossen Ulbricht, einen Entwurf für eine Politbüro-Vorlage auszuarbeiten, und nannte als wichtige Punkte:
  1. Sofortiger Aufbau eines qualifizierten Informatoren-Apparates,
  2. Ausarbeitung eines Status über die gesamte Tätigkeit der Volkspolizei, da dadurch alle strittigen Fragen, insbesondere die Kompetenzfragen zwischen Volkspolizei und Staatssekretariat für Staatssicherheit, sofort geklärt werden.
Als weiteren Punkt führte er aus: Die Volkspolizei hat 2 Aufgaben:
  1. den Kampf gegen die kriminellen Elemente,
  2. die Aufrechterhaltung der allgemeinen Ruhe und Ordnung.
Er schlug vor, daß in den Bezirksbehörden der Volkspolizei je 1 Berater einzusetzen ist (dieser Vorschlag wurde vom Genossen Walter Ulbricht akzeptiert). Abschließend wies der Genosse sowjetischer Chefberater darauf hin, daß es unter allen Umständen erforderlich ist, den unteren Dienststellen aktive Hilfe von der Leitung der Volkspolizei zu geben.

Der stellvertretende Chefberater führte aus, daß die Volkspolizei im Kampf gegen die feindlichen Elemente in der DDR auch jetzt, unabhängig von den noch vorhandenen Fehlstellen, außerordentlich große Möglichkeiten hat, und daß es unbedingt notwendig ist, diese Möglichkeiten auszunutzen. Er stellte die Frage der Stellung der operativen Arbeit der Volkpolizei in den Bezirken unter die Leitung der Bezirksverwaltung des Staatssekretariats für Staatssicherheit. Er regte an, daß, wenn die Unterstellung nicht sofort geregelt werden könne, unter allen Umständen ein Austausch zwischen den Organen der Staatssicherheit und der Volkspolizei in den Bezirken über wichtige Hinweise usw. durchgeführt werden müsse.

Der Genosse Walter Ulbricht teilte mit, daß bei der jetzigen Lage in den Bezirksverwaltungen der Staatssicherheit eine Unterstellung der Volkspolizei nicht möglich sei, da die Bezirksverwaltungen außerordentlich schwach seien und nicht in der Lage seien, erfolgreich diese Aufgabe durchzuführen. Es liege nicht daran, daß von Seiten der Volkspolizei nicht die Bereitwilligkeit zu dieser Unterstellung vorhanden sei, sondern ausschließlich daran, daß große Schwächen im Apparat der Staatssicherheit in den Bezirken bestehen.

Der sowjetische Chefberater schlug vor, daß die Zusammenarbeit in den Bezirken durch den 1. Sekretär der Bezirksleitung der Partei erfolgen sollte, der den Leiter der Bezirksverwaltung des Staatssekretariats für Staatssicherheit und den Chef der Bezirksverwaltung der Deutschen Volkspolizei regelmäßig zu Besprechungen zusammenruft und sie zur gemeinsamen Bearbeitung wichtiger Vorgänge veranlaßt. Wie es die Situation erfordert, müßten die beiden Chefs möglichst täglich zusammenkommen.

Der Genosse Walter Ulbricht warf ein, daß das wohl richtig sei, aber dann doch ungeklärt sei, wer in einer ernsten politischen Situation für die Führung verantwortlich sei, und dies doch, wenn auch nicht jetzt so doch später, endgültig geklärt werden müßte.

Der Genosse Ulbricht führte abschließend aus:

Es kommt jetzt entscheidend darauf an, das Kampfbewußtsein der Volkspolizei zu heben. In dem zu erarbeitenden Dokument müßte man völlig klar sagen, was bei der Volkspolizei verändert werden muß. Genosse Ulbricht führte dann noch aus, daß unbedingt notwendig ist, die Überheblichkeit einiger Angehöriger der Staatssicherheit gegenüber der Volkspolizei zu bekämpfen und schnellstens zu liquidieren.

Ebenfalls erklärte Genosse Ulbricht, daß das Schulungssystem der Kriminalpolizei schnellstens überprüft werden müßte.

Die Vorschläge unserer Freunde wurden angenommen. Für die Ausarbeitung der Vorlage an das Politbüro sind verantwortlich:

Genossen Maron, Röbelen, Weikert. Frist: 3 Wochen.

Abschließend machte der sowjetische Freund noch den Vorschlag, nach Ausarbeitung dieses Dokumentes eine Konferenz mit den verantwortlichen Genossen der VP durchzuführen, an der der Genosse Ulbricht teilnimmt.

Der Vorschlag wurde von Genossen Ulbricht akzeptiert.

Tätigkeit der Organe der Staatssicherheit:

Der Genosse Chefberater gab eine Einschätzung der Situation anhand der Überprüfungen unserer sowjetischen Freunde.

Er wies darauf hin, daß in der Arbeit mit den Informatoren ein sehr ernster Zustand besteht. Einmal sei die Zahl der Informatoren noch völlig ungenügend und zum anderen die Methoden zur Werbung von Informatoren fehlerhaft. Er teilte mit, daß die Organe ungenügend mit den Informatoren arbeiten, weder Augen noch Ohren haben. Besonders hemmend auf die richtige Durchführung der Arbeit wirkt sich das Fehlen von Informatoren in den Kreisdienststellen aus. Besondere Schwierigkeiten bei der Arbeit mit den Informatoren und Werbung von solchen bildet die außerordentlich niedrige Qualifikation der Sachbearbeiter der Kreisdienststellen. Weil sie ein sehr niedriges Bildungsniveau haben, wagen sie es nicht, Gespräche mit Intelligenzlern und anderen Schichten der Bevölkerung zu führen und wählen deshalb ihre Informatoren nur unter Arbeitern und einfachen Leuten. In den Schwerpunkten der Arbeit wie in der Kirche, in den anderen Parteien, bei der Intelligenz der Betriebe, in wichtigen Verwaltungsstellen fehlen deshalb die Informatoren, oder es sind nur solche Informatoren vorhanden, die keinen Überblick über die Situation haben.

Um diesen Zustand zu verändern, ist es erforderlich, so schnell wie möglich die fachliche Qualifikation und Ausbildung der Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes zu erhöhen. Ebenfalls ist zu verzeichnen, daß die Arbeit gegen das Ostbüro keinerlei Fortschritte macht. Die Ursache dafür ist, daß viel zu junge und unerfahrene Mitarbeiter mit diesen Aufgaben betraut sind.

Über den Apparat des Innenministeriums und des Staatssekretariats äußerte sich der Genosse Chefberater sehr kritisch, da außerordentlich viel Papier verschrieben wird, aber die Mitarbeiter viel zu wenig mit dem praktischen Leben Verbindung haben und ihre Arbeit einseitig ist. Der Genosse Chefberater sagte, es genüge nicht, die richtigen Arbeitsdirektiven und Anweisungen zu geben, dies ist eine verhältnismäßig leichte Aufgabe. Die viel schwerere Aufgabe ist, die richtige Durchführung der Befehle und Anweisungen herbeizuführen und von der obersten bis zur untersten Stelle eine richtige Kontrolle zu organisieren, wie die Anweisungen verwirklicht werden.

Notwendig ist es unter allen Umständen, die Arbeitsdisziplin und die allgemeine Disziplin und die Verantwortlichkeit eines jeden Mitarbeiters zu heben und klar festzulegen. Der Genosse Chefberater schlug vor, daß der Staatssekretär, Genosse Wollweber, jede drei Monate zur Berichterstattung vor der engsten Parteiführung erscheint.

Ebenfalls warf er ein, daß die Beschickung für die Parteischulen besser geregelt werden muß, daß es nicht vorkommen kann, daß aus einzelnen Dienststellen zur selben Zeit eine größere Anzahl auf Parteischulen delegiert werden können, da sonst die Arbeit nicht mehr durchgeführt werden kann.

Genosse Ulbricht bemerkte: Genosse Röbelen wird beauftragt, zu veranlassen, daß die Beschickung der Parteischulen von der Abteilung für Sicherheitsfragen des Zentralkomitees geregelt wird.

Als sehr ernst bezeichnete der Genosse Chefberater die Kadersituation. Besonders mangelt es an erfahrenen Genossen, vor allem im Kampf gegen die SPD. Die Werbung solcher Genossen muß unter allen Umständen verstärkt werden.

Genosse Walter Ulbricht führte aus:

In der Leitung des Staatssekretariats für Staatssicherheit hat man aus den Ereignissen des 17. Juni noch nicht alle Konsequenzen gezogen. Auf einigen Gebieten hat sich die Arbeit verbessert und sind Fortschritte erzielt worden, aber in anderen wichtigen Fragen hat sich die Arbeitsweise noch nicht verändert. Das trifft insbesondere auf den Kampf gegen das Ostbüro, auf die Arbeit auf dem Lande und auf die gesamte Arbeit in Mitteldeutschland zu. Die Genossen des Staatssekretariats für Staatssicherheit sind nicht in der Lage, die Parteiführung über die Situation in unserer Wirtschaft zu informieren. Vor allem kennen sie nicht diejenigen Kräfte, die mit den Konzernen in Verbindung stehen, und ebenso sind die Kräfte, die für das Ostbüro arbeiten, [nicht, d. Hg.] bekannt.

Genosse Ulbricht wies darauf hin, daß in jedem Bezirk spezifische Aufgaben bestehen, da in jedem Bezirk andere Verhältnisse sind. Anhand einer Reihe Beispiele, die Genosse Ulbricht persönlich in Halle, Dessau, Leipzig usw. in Mitteldeutschland untersuchte, wies er nach, daß die Dienststellen keine Kenntnis von den Nestern des Gegners haben und in ihrer Arbeitsmethode schwerfällig sind. So erklärte er, daß seit dem 17. Juni in Mitteldeutschland sich nichts verändert hat, daß keine Verbindungen in Halle, Merseburg, Dessau usw. geschaffen wurden.

Die Anleitung der Bezirksdienststellen muß absolut verändert werden. Es muß vom Staatssekretariat für Staatssicherheit geholfen werden, daß die Dienststellenleiter sich nicht verzetteln und mit zufälligen Arbeiten die Arbeitszeit ausgefüllt wird, sondern die Schwerpunktaufgaben erkannt werden und um die Beseitigung der Schwerpunkte gekämpft wird.

Genosse Ulbricht gab dem Genossen Röbelen den Auftrag, zu veranlassen, daß der Sektor Information bei der Abteilung Leitende Organe im ZK alles, was über die Tätigkeit des Ostbüros gemeldet wird, sofort an die Abteilung für Sicherheitsfragen zu übergeben hat, damit diese den Genossen Mielke sofort informieren kann.

Der stellvertretende Chefberater wies ebenfalls noch einmal auf die schwache Qualität der Mitarbeiter in den Kreisen und Bezirken hin und forderte, daß unter allen Umständen die Kreisdienststellenleiter durch qualifizierte Mitarbeiter verstärkt werden sollen. Auch teilte er mit, daß die Arbeit mit den Informatoren in den Kreisen völlig ungenügend ist. Man habe alle guten Genossen aus den Kreisen in das Ministerium genommen und nur die unqualifizierten in den Kreisen gelassen. Der Genosse Wollweber warf ein, daß es eine Tatsache sei, daß durch die verantwortungslose Arbeit von Zaisser die Basis des Staatssekretariats für Staatssicherheit zerstört worden sei und eine völlig verkehrte Linie der Arbeit in der gesamten Staatssicherheit eingeführt worden sei.

Seine erste Aufgabe sei es gewesen, die richtige Linie der Arbeit herbeizuführen und den Kampf um die Stärkung der Basis und die Durchsetzung dieser Linie nach unten hin aufzunehmen. Er sei sich dessen bewußt, daß diese Arbeit noch keineswegs als erfolgreich beendet bezeichnet werden dürfte, trotzdem seien in letzter Zeit eine große Anzahl neuer Informatoren geworben worden. Er wisse, daß dies natürlich noch völlig ungenügend sei, daß die Kontrolle und Anleitung nach unten zu schwach sei, und er sei bestrebt, die Veränderung jetzt mit allen Mitteln durchzusetzen.

Anschließend sprach Genosse Mielke und erklärte, daß gute Voraussetzungen geschaffen worden seien, um in nächster Zeit die Arbeit gegen das Ostbüro mit entsprechenden Erfolgen zu beginnen.

Ebenso sprach Genosse Last über seine Arbeit und Hilfe in Mitteldeutschland und wies auf gewisse Erfolge und Verbesserungen der Arbeit auch in diesen Gebieten hin, die in nächster Zeit ebenfalls zu Erfolgen führen werden. Der Genosse Last erklärte, daß es eine Tatsache sei, daß man noch zu den Konzern-Kreisen ungenügende Verbindung habe und über viele Fragen keineswegs informiert sei.

Abschließend führte Genosse Ulbricht aus, daß auch bei der Staatssicherheit eine kämpferische Haltung der Mitarbeiter herbeigeführt werden muß, daß man endgültig die Fälle des Versagens von Angehörigen des Staatssekretariats in den Kreis- und Bezirksdienststellen ausmerzt und es nicht mehr geduldet werden könne, solche, die vor dem Feind kapituliert haben, noch länger in den Reihen des Staatssicherheitsdienstes zu belassen, und man sie entsprechend bestrafen muß.

Genosse Ulbricht nahm die Vorschläge zur Verbesserung der Arbeit von Seiten unserer Freunde an.

[Quelle: BA-MA, DVW-1/39584, Bl. 1-9.]