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Januar 1953 - Teil 4

Am 19. Januar warnt DDR-Staatspräsident Wilhelm Pieck auf der Gedenkkundgebung für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg die Westberliner Bevölkerung ausdrücklich vor Maßnahmen, die im Falle der Ratifizierung der Bonner Verträge von Seiten der DDR getroffen würden. Pieck erklärt: "Ich kann deshalb nur meine Mahnung wiederholen, die ich schon in meiner Neujahrsansprache an die Westberliner Bevölkerung richtete. Wenn die Ratifizierung der Kriegspakte und der Anschluss Westberlins an diesen Kriegsblock der Westmächte nicht verhindert wird, so ergibt sich für die DDR und den demokratischen Sektor Berlins die zwingende Notwendigkeit, entsprechende Schutzmaßnahmen gegen feindliche Anschläge und Provokationen sowie gegen das Einsickern verbrecherischer Elemente zu treffen. (...) Der Sieg wird unser sein, denn mit uns kämpft die Welt des Friedens, mit der großen Sowjetunion an der Spitze, und uns führt der beste Freund unseres Volkes, unser Lehrer, der weise Stalin."

Aus der Rede Wilhelm Piecks während der Gedenkfeier, 18.1.1953 (DDR-Rundfunk)

Mp3-File O-Ton (mp3)

Am 20. Januar beschliesst das ZK-Sekretariat der SED weitere Massnahmen gegen die Spekulation: Alle Lebensmittel und Industriewaren dürfen in der gesamten DDR und in Ost-Berlin nur noch gegen Vorzeigen des Personalausweises oder des Stammabschnittes der Lebensmittelkarte an die Bevölkerung abgegeben werden; auch in Restaurants und Cafés ist der Personalausweis vorzuzeigen. Zudem werden verbindliche Höchstabgabemengen für alle Grundnahrungsmittel sowie für Bekleidung und Stoffe und technische Geräte (Radio- und Fotoapparate, Nähmaschinen etc.) festgelegt.

Beschluss des ZK-Sekretariats gegen die Spekulation mit Lebensmitteln und Industriewaren, 20.1.1953

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Wilhelm Piecks Rede vom 19. Januar verunsichert weniger die Westberliner als vielmehr die Menschen in der DDR. Die Flüchtlingszahlen steigen nicht nur wegen der Säuberungen in der SED, sondern auch wegen der nun schon wiederholt angedrohten Abschottungsmaßnahmen. Hinzu kommt, dass der Kollektivierungsdruck auf dem Lande seit der LPG-Konferenz vom Dezember 1952 weiter verstärkt wird.

In Westberlin reicht die Aufnahmekapazität der Flüchtlingslager nicht mehr aus. Um das Flüchtlingsproblem zu lösen, bittet das Abgeordnetenhaus den Bundestag deshalb um finanzielle und logistische Unterstützung bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme. Die Bundesregierung sichert schnelle und umfassende Hilfe zu und stellt am 23. Januar Bundesmittel in dreistelliger Millionenhöhe in Aussicht.



Angesichts des Flüchtlingsstromes betont der Staatssekretär im gesamtdeutschen Ministerium, Franz Thedieck, am 24. Januar in einer Rundfunkansprache, dass die Frage der Wiedervereinigung in Freiheit nicht durch die Abwanderung der Menschen aus der DDR in die Bundesrepublik gelöst werden könne, sondern nur, "wenn jeder Mann und jede Frau, denen es irgend möglich ist, in diesem Gebiet bis zur Stunde einer besseren gemeinsamen Zukunft ausharrt".

Ernst Reuter über die DDR-Flüchtlinge in Westberlin, 27.1.1953 [am Ende Tonstörung] (RIAS)

Mp3-File O-Ton (mp3)

Ende Januar gerät eine weitere Gruppe in das Visier der SED und der Staatssicherheit. Am 27. Januar fasst das Politbüro den Beschluss, die "Junge Gemeinde" als "Tarnorganisation für Kriegshetze, Sabotage und Spionage" zu entlarven. In den kommenden Wochen und Monaten setzt eine gnadenlose Repressionskampagne gegen die sich zur Jungen Gemeinde bekennenden evangelischen Christen ein.

Beschluss des SED- Politbüros vom 27.1.1953 zur Jungen Gemeinde

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