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10. Juni 1953 (Mittwoch)

Im Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf wird der Streik fortgesetzt. Die Belegschaft fordert die Freilassung der Verhafteten und beharrt auf der Rücknahme der Normerhöhungen. Die örtliche Partei- und Betriebsleitung gibt schließlich nach: Die Gefangenen kommen frei und Normerhöhungen werden zurückgestellt.

Rudolf Herrnstadt arbeitet das Kommuniqué aus. Ihm ist klar, so jedenfalls seine Äusserung im 1990 veröffentlichten "Herrnstadt-Dokument", dass der "Neue Kurs" eine Schockwirkung sowohl in der Bevölkerung als auch in der eigenen Partei zur Folge haben wird. Er versucht im Laufe des Tages bei Ulbricht und abends bei Semjonow eine Veröffentlichung in umkommentierter Form zu verhindern und bittet Semjonow um einen Zeitaufschub von zwei Wochen. Der Hohe Kommissar soll ihm geantwortet haben: "In 14 Tagen werden Sie vielleicht schon keinen Staat mehr haben."

Gemäß der Festlegung des SED-Politbüros vom 6.6.1953 trifft Otto Grotewohl mit führenden Vertretern der evangelischen Kirche zusammen, um für eine "Wiederherstellung eines normalen Zustandes zwischen Staat und Kirche" zu sorgen. Im Laufe des Gesprächs verständigen sich beide Seiten auf eine Beendigung des "Kirchenkampfes". Grotewohl erklärt im Namen der SED-Führung die Bereitschaft, das kirchliche Leben in der DDR zu respektieren. Von Seiten der Kirche wird wiederum zugesichert, sich nicht in die politischen Belange der SED einzumischen.

Es werden folgende Festlegungen getroffen:
1) Die Unterlassung weiterer Maßnahmen gegen die "Junge Gemeinde" und sonstige kirchlichen Einrichtungen.
2) Gemeinsam sollen alle strittigen Fragen über die "Junge Gemeinde" geklärt werden, d.h. alle von den Oberschulen wegen ihrer Tätigkeit bei der "Jungen Gemeinde" religierten Schüler und Lehrer sind sofort wieder zum Unterricht zuzulassen. Die von den Schülern versäumten Prüfungen können nachgeholt werden.
3) Alle im Zusammenhang mit der Evangelischen Studentengemeinde ausgesprochenen Exmatrikulierungen sind zu überprüfen und bis zum 20.6.1953 zu entscheiden.
4) Die Einschränkungen der Abhaltung des Religionsunterrichtes in den Schulgebäuden sind zu überprüfen und zu beseitigen. Beschlagnahmte kirchliche Einrichtungen und Anstalten sind an die ursprünglichen Verwaltungen zurückzugeben.
5) Bisherige Urteil der Gerichte werden überprüfen und Härten auszugleichen. Damit entspricht Grotewohl in allen Punkten dem Forderungskatalog der Kirche. Die SED-Führung plant zudem gemeinsam mit der Veröffentlichung des Kommuniqués über den "Neuen Kurs" im Neuen Deutschland auch eine Verlautbarung über die Festlegungen, die mit der evangelischen Kirche getroffen wurden.

Kommuniqué über ein Gespräch zwischen Vertretern der Evangelischen Kirche und des Ministerrats, Tägliche Rundschau, 11.9.1953

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In Bonn findet eine Sondersitzung der Bundesregierung statt. Adenauer will der SPD aufgrund der Äußerungen ihres Parteivorsitzenden und der Anträge der SPD-Fraktion im Bundestag (vgl. Tageschronik vom 9.6.1953) mit einer Regierungserklärung zuvorkommen. Nach Ansicht des Kanzlers ist die SPD auf "Sowjetkurs" eingeschwenkt und damit "außenpolitisch unerträglich" geworden. Adenauer betont in der Sondersitzung noch einmal, dass er den Potsdamer Vertrag für einen "Diktatfrieden" hält, der Deutschland dauernde politische und wirtschaftliche Kontrolle, Unmündigkeit und die Ostgrenzen gebracht hat. Nur der Deutschlandvertrag - so Adenauer - sichere die deutsche Einheit und außenpolitische Souveränität.

Auszug aus den Kabinettsprotokollen vom 10. Juni 1953

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Bundestag bekräftigt Forderung nach deutscher Einheit, 10.6.1953

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Bericht über die Regierungserklärung Adenauers, 14.6.1953 (RIAS Berlin)

Mp3-File O-Ton (mp3)


Pressestimmen West:

Der Berliner "Telegraf" kommentiert das Flüchtlingsproblem ("Die Flut steigt") in Berlin: "Den Flüchtlingsstrom einzudämmen sind weder Berlin noch die Bundesrepublik imstande. Hätte man aber die in den ersten Monaten des Jahres eingeleiteten Maßnahmen zu verstärkten Abflügen in die Bundesrepublik konsequent fortgeführt, so wäre eine Entlastung für Berlin eingetreten. Leider sind jedoch trotz ansteigender Flüchtlingsziffern nicht nur die Abflugsquoten geringer geworden, auch von dem noch immer ungeklärten Problem der nicht anerkannten Flüchtlinge, der sogenannten Illegalen, spricht niemand mehr."

Pressestimmen Ost:

"Der Weg der Verhandlungen ist der erfolgreiche Weg!" befindet das "Neue Deutschland" anläßlich des koreanisch-amerikanischen Übereinkommens über die Repatriierung von Kriegsgefangenen in Panmunjon: "Die Verständigung in Panmunjon ist ein eindeutiger Sieg derjenigen Kräfte in der Welt, die seit jeher den Standpunkt vertreten haben, daß es prinzipiell möglich ist, jede strittige Frage auf dem Wege von Verhandlungen zu lösen. Die Verhandlungen in Panmunjon zwischen zwei kriegführenden Parteien waren sehr schwierig und oft genug so kompliziert, daß Millionen an ihrem endgültigen Erfolg ernsthaft zweifelten. Und dennoch ist das Abkommen jetzt allen Verzögerungsversuchen, allen Provokationen zum Trotz zustande gekommen. Das beweist: Verhandlungen sind besser als Krieg - ganz gleich, ob es sich um "kalten" oder heißen Krieg handelt."

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