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27. Juni 1953 (Samstag)

Das SED-Politbüro beschließt, eine Presseveröffentlichung über die Normen herauszugeben, da es nach dem Ministerratsbeschluss über die Lohnneuberechnungen vom 25. Juni Irritationen in den Betrieben und staatlichen Verwaltungen gibt: Grundlage der Lohnneuberechnungen sollen die alten, nicht die nach dem 1. April administrativ erhöhten Normen sein.

Zudem ist die Veröffentlichung eines Telegramms von Wilhelm Pieck, der sich immer noch zur Kur in der Sowjetunion aufhält, vorgesehen. Die SED-Führung will damit den anhaltenden Gerüchten um seine Abwesenheit ("Pieck tot") entgegentreten. Politbüromitglied Hermann Matern wird in Begleitung eines Genossen nach Moskau geschickt, um dort den Präsidenten mit den neuesten Informationen zu versorgen und einen Aufruf Piecks an die Öffentlichkeit absegnen zu lassen.

Protokoll der SED-Politbüro-Sitzung (einschließlich Anlage 1 und 2), 27. Juni 1953

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Telegramm von Wilhelm Pieck an die Bevölkerung der DDR, 27.6.1953

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Zwei vom Potsdamer Bezirksgericht zum Tode verurteilte Jugendliche aus Rathenow, die am 17. Juni 1953 maßgeblich an den Misshandlungen des Leiters des Betriebsschutzes bei der HO in Rathenow, Wilhelm Hagedorn, beteiligt gewesen sein sollen, werden auf Beschluss des SED-Politbüros begnadigt. Hagedorn starb am 17. Juni an den ihm zugefügten Verletzungen. Das Oberste Gericht der DDR wird per Politbüro-Beschluss angewiesen, die Todesstrafe in 15 Jahre Zuchthaus umzuwandeln.

Die Sonderausschüsse der Staatssicherheit und Volkspolizei werden angewiesen, dass die im Zusammenhang mit dem 17. Juni 1953 verhafteten Personen "beschleunigt" den Gerichten zu übergeben sind. Es wird erklärt, dass die Einsetzung von besonderen Untersuchungskommissionen als nicht mehr zweckmäßig erachtet wird. Die Angehörigen der Verhafteten, die einen festen Wohnsitz in der DDR haben, sollen mit offiziellen Schreiben über die Verhaftung informiert werden.

Pressestimmen West:

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" beschäftigt sich unter dem Titel "Mehr zu essen" mit den SED-Maßnahmen zur Erhöhung des Lebensstandards: "Es ist nachträglich schwer auszumachen, ob diese Maßnahmen eine Folge des Aufstandes vom 16. Juni sind und ob sie den Zweck haben, die Unzufriedenheit, die sich auf so eindringliche Weise geäußert hat, zu beschwichtigen. Es kann so sein; es kann auch so sein, daß einfach eine Linie fortgesetzt wird, die bereits vor vierzehn Tagen, also vor dem Aufstand, mit den ersten Milderungsmaßnahmen begonnen hatte. Auf jeden Fall zeigt sich, daß die Befürchtungen, die von ernsthafter Seite erwogen worden sind, nach dem Aufstand könne gerade ein schärferer Kurs eingeschlagen werden, sich erfreulicherweise nicht erfüllt haben."

Pressestimmen Ost:

In seinem Kommentar "Ernste Gedanken" für die "Berliner Zeitung" fragt Wilhelm Karl Gerst: "Was sollten also diese verfälschten Demonstrationen in Berlin in Wirklichkeit nach dem Willen der Regisseure bewirken? Nichts anderes als die Forderung Adenauers und seiner Hintermänner in den USA: Keine Viermächtekonferenz, keine Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf dem Verständigungswege. Als dann die in Trab gesetzten Agenten mit ihren provokatorischen Ausschreitungen keinen Zweifel mehr darüber aufkommen ließen, daß sie zumindest bereit waren, die ganze DDR zu überrollen und eine andere Regierung auszurufen - ein irrsinniger Gedanke, der nur den Gehirnen von Verbrechern oder Narren entsprungen sein könnte -, da war es notwendig geworden, daß die sowjetische Besatzungsmacht in Erscheinung trat. Um die gestörte Ordnung wiederherzustellen, um die Verhaftung der Provokateure zu erleichtern? Das auch. Vor allen Dingen aber mußte sie in diesem Augenblick eingreifen, um den Frieden Europas zu retten, den Ausbruch eines zweiten Koreakrieges, die heiße Sehnsucht so mancher politischen Verbrecher, zu vermeiden und den Kriegsfunken auszutreten."

"Partei und Regierung halten Wort" befindet das "Neue Deutschland": "Das große zustimmende Echo, das der neue Kurs unserer Regierung überall fand, versetzte die Kriegstreiber in äußerste Unruhe und ließ sie den seit langem geplanten und organisierten "Tag X" am 17. Juni in der Deutschen Demokratischen Republik in Szene setzen. Sie setzten alles auf eine Karte. Mit den verbrecherischsten Mitteln wollten sie die Verwirklichung des neuen Kurses von Partei und Regierung verhindern. Das ist ihnen mißlungen. Aufs Haupt geschlagen, versuchen sie heute Anhänger für die Meinung zu gewinnen, daß die jetzigen Maßnahmen der Regierung ein Ergebnis des 17. Juni seien. Ein vergeblicher Versuch. Den Kalender können selbst sie nicht hinweglügen: der 9. Juni, der Tag der Verkündung des neuen Kurses durch das Politbüro unserer Partei, liegt zu deutlich vor dem 17. Juni! Und was die letzten Beschlüsse der Regierung betrifft, so wurden sie nicht durch den 17. Juni herbeigeführt; denn es war ja gerade Zweck des politischen Umsturzversuches, solche Maßnahmen zu verhindern, die den Spaltern Deutschlands einen mächtigen Schlag versetzen."



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