23. Juni 1953 (Dienstag) - Teil 2
Auch in Moskau wurde die Erklärung des SED-Zentralkomitees inzwischen eingehend diskutiert. Im SED-ZK liegt eine Kritik der Kremlführung vor. Darin heisst es: "Wir sind der Auffassung, dass Sie unverzüglich mit jeglicher Verwirrung in der Führung Schluss machen und entschlossen die Massnahmen zur Festigung des Einflusses der Partei auf die Massen und zur Gewinnung des Vertrauens der Massen zur Staatsmacht verwirklichen müssen."
Stellungnahme des KPdSU-Zentralkomitees zur Erklärung des SED-Zentralkomitees, 23.6.19533
In der DDR wird der Propagandafeldzug über die westlichen Drahtzieher des "faschistischen Putsches" fortgesetzt. Im "Neuen Deutschland" erscheint ein Artikel unter der Überschrift "So zeigte der Faschismus seine Fratze". In einem DDR-Rundfunkkommentar versteigt sich Erich Selbmann zu der Behauptung, daß "Adenauer am 17. Juni seine Schwärme ausschickte, um aus Deutschland ein zweites Korea zu machen". Und im Rundfunk wird ein Leitartikel der Prawda verlesen, der versucht, den 17. Juni als Tag X des Westens herzuleiten.
Verlesung des Leitartikels aus der Prawda, 23.6.1953 (DDR-Rundfunk)
Erich Selbmann, Text des Rundfunk-Kommentars, 23.6.1953
Die drei westlichen Stadtkommandanten von Berlin weisen in einem Schreiben die Behauptungen Dibrowas vom 20.6.1953 entschieden zurück, nach denen die Unruhen vom 17. Juni "auf Aktionen von Gruppen zurückzuführen seien, die aus den Westsektoren Berlins hinübergeschickt worden sein sollen." Im Schreiben wird Dibrowa darauf hingewiesen, dass die im Anhang seines Schreibens beigefügten Beweismaterialien wohl eher dafür geeignet sind, die Behauptungen der sowjetischen Seite zu entwerten. Gleichzeitig fordern sie erneut und nachdrücklich die Aufhebung des Ausnahmezustandes im Ostsektor und die Wiederherstellung des freien Verkehrs zwischen Ost- und Westberlin.
Schreiben der westlichen Stadtkommandanten von Berlin, 23.6.1953
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