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21. Juni 1953 (Sonntag) - Teil 3

Mit fast 90 Minuten Verspätung beginnt um 23.20 Uhr die 14. Tagung des ZK der SED. Otto Grotewohl schätzt in einer Grundsatzrede noch einmal die gegenwärtige Situation als ein Ergebnis der fehlerhaften Politik der SED ein und analysiert die Kluft zwischen Regierung, SED und Bevölkerung. Ausdrücklich verweist Grotewohl darauf, dass der Aufstand vom 17. Juni 1953 ein von amerikanischen und westdeutschen Agenturen gesteuerter "faschistischer Putsch" war. Der Tag X, so Grotewohl, wurde vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen mit amerikanischer Unterstützung organisiert. Am Ende seiner fast dreißig Seiten umfassenden Rede ruft Grotewohl aus: "Genossen! Ich denke, wir haben es doch alle gelernt: Ist einmal die richtige Linie beschlossen, dann entscheidet die Organisation alles. Die Organisation ist im Augenblick das Kampfinstrument, das wir in Bewegung setzen müssen. Wir müssen aus der Lethargie heraus."

Stenographische Niederschrift der 14. Tagung des ZK der SED, 21.6.1953

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Die Führung der Volkspolizei fordert von allen Bezirks-Polizeichefs eine umfassende Analyse über Beginn und Verlauf des Juni-Aufstandes an, in ihrer Diktion: der "faschistischen Provokation". Die Schwerpunkte des Aufstandes, die Alarmierung und der Einsatz der Volkspolizei, die Zusammenarbeit mit den anderen Sicherheitsorganen und der Partei sollen berichtet werden. Auch das Verhalten der Volkspolizisten, das Ausmass ihres Gehorsams und ihrer Disziplin während des Einsatzes, wird abgefragt. Und nicht zuletzt geht es der im DDR-Innenministerium angesiedelten "Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei" (HVDVP) um die Erfahrungen und die Schlussfolgerungen der mittleren Leitungsebene aus dem Einsatz - Termin: 30. Juni 1953. Noch unter dem unmittelbaren Eindruck der Volksproteste gegen die SED-Herrschaft geschrieben, entsteht eine in ihrer Geschlossenheit einmalige Sammlung streng geheimer Berichte über die Schwerpunkte der Juni-Ereignisse in allen Bezirken der DDR aus volkspolizeilicher Sicht.(die Berichte sind in der Rubrik "Bezirkskarte" eingestellt).

HVDVP-Fernschreiben, Auswertung der Ereignisse seit dem 16. Juni 1953, 21.6.1953

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Das "Neue Deutschland" veröffentlicht in seiner Sonntagsausgabe einen Artikel über "die faschistische Brut der Adenauer, Ollenhauer, Kaiser und Reuter". Das Foto eines "Provokateurs" aus Westberlin wird präsentiert und dazu kommentiert: "Texashemd mit Cowboy, Texaskrawatte mit der Abbildung nackter Frauen, Texasfrisur, Verbrechergesicht - das sind die Ritter der ‚abendländischen Kultur', die typischen Vertreter der amerikanischen Lebensweise."

Auch im DDR-Rundfunk weisen die Kommentatoren mit Schilderungen von Übergriffen auf Volkspolizisten oder SED-Funktionären immer wieder auf die Bedrohung durch faschistische Banden hin. Dank der Sowjetarmee sei es gelungen, so Karl-Eduard von Schnitzler in seinem Sonntagskommentar, dass der Tag X nicht stattfand und die Werktätigen nun wieder zur Tagesordnung übergehen können.

Karl Eduard von Schnitzler, Sonntagskommentar, 21.6.1953 (DDR Rundfunk)

Mp3-File O-Ton (mp3)

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